SVEN HANSEN ÜBER UNKONTROLLIERTE US-WAFFENHILFE IN AFGHANISTAN
: Dysfunktionale Waffenlogik

Die von den USA bewaffneten Mudschaheddin wurden zur Bürde, unter der Afghanistan leidet

Im ländlichen Afghanistan gehören Sturmgewehre vom Typ Kalaschnikow zur Grundausstattung. Diese in allen Ethnien verbreitete Tradition passt gut zu dem, was die mächtige US-Waffenlobby rund um die NRA für die USA propagiert. Die stolzen und oft in Milizen organisierten afghanischen Bauern entwaffnen zu wollen, mutet angesichts der Realität vor Ort etwas naiv an. Dabei war das sogar mal die offizielle Politik der internationalen Gemeinschaft am Hindukusch.

Seit dem Wiedererstarken der Taliban ab 2003/04 wurden die Afghanen wieder aufgerüstet. Inzwischen erscheint der Versuch, mit der Lieferung Hunderttausender Sturmgewehre an Armee und Polizei in Afghanistan Frieden zu schaffen, naiv. Denn schon jetzt sind viele dieser Waffen „verschwunden“ – also vielfach in die Hände derjenigen gelangt, die damit den schwachen Staat eher bekämpfen als beschützen.

Schon einmal hat US-Waffenhilfe in Afghanistan fatale Folgen gehabt. In den 1980er Jahren unterstützten die USA die gegen die sowjetischen Besatzer kämpfenden islamistischen Mudschaheddin. Stinger-Abwehrraketen aus den USA waren entscheidend. Doch die bewaffneten Mudschaheddin wurden zu einer schweren Bürde, unter der Afghanistan noch heute leidet. Sie zerstörten Land und Struktur und machten die Taliban erst hoffähig. Die USA hatten damals so wenig darauf geachtet, wo ihre Waffenhilfe landet, wie heute. Statt die Verfügbarkeit an Waffen einzudämmen und ihren Gebrauch streng zu kontrollieren, wurden sie – ganz im Sinne der NRA – offenbar als Allheilmittel geliefert. Dies könnte bald nicht nur Afghanistans Zukunft gefährden, sondern womöglich auch die USA selbst. Bei der US-Invasion im Jahr 2001 fürchteten die USA am meisten ihre früheren Stinger-Raketen. Die konnten sie dann glücklicherweise zurückkaufen. Doch wer zahlt für Hunderttausende Kalaschnikows?

Ausland SEITE 11