berlinale szene Am roten Teppich

Schnee auf Schultern

Zur Eröffnung der Filmfestspiele am Potsdamer Platz läuft man nur als geladener Gast über den roten Teppich. Man steht nicht wie ich frierend mit dem Prekariat am Rand, gesponsertes Popcorn essend, und wartet auf Stars. Das sieht man doch im Fernsehen viel besser, heißt es, aber das stimmt nicht. Denn ich hatte am Donnerstagabend drei Möglichkeiten, die Stars zu bewundern: einmal durch das Objektiv des Kameramanns neben mir, dann auf der großen Leinwand und auch noch live. Als Mutter Beimer im rostbraunen Kleid den roten Teppich betrat, fing es an zu schneien. Ein Junge hinter mir fragte, ob das Angela Merkel sei.

Ich schloss mich dann einer Gruppe Mädchen aus Oberschöneweide an. Mit tiefen „Ey!“-Rufen schafften sie es, uns näher an den Eingang des Berlinale-Palasts zu drängen. Nur wenige Stars laufen den ganzen Weg über den roten Teppich. Der Rest fährt in schwarzen Limousinen vor, manche auch eher ordinär in Kleinbussen. „Ist das eine Kaffeefahrt?“, sagte die eine. Während die Mädchen auf Angelina Jolie warteten, die leider nicht kam, sah ich einen neuen Beruf: den praktischen Strickjackenboy. Ein breitschultriger Junge mit Föhnfrisur hielt auf seinem Arm zwei wenig glamouröse Strickjacken. Eine dritte wurde ihm von Jasmin Tabatabai gereicht, die sich dann im schulterfreien Abendkleid dem Publikum präsentierte. Toll! So was sieht man auf keinen Fall im Fernsehen.

JUTTA RAULWING