Schlamperei am Tatort

Im Fall Ermyas M. fehlen wichtige Spuren, weil statt der Kriminaltechnik nur Streifenpolizisten vor Ort waren

POTSDAM ap ■ Im Prozess um den Überfall auf den Deutsch-Äthiopier Ermyas Mulugeta sind schwere Ermittlungspannen ans Licht gekommen. So wurden nach der Potsdamer Attacke in der Osternacht 2006 die Spuren nicht von den Spezialisten der Kriminalpolizei gesichert, sondern von einfachen Streifenpolizisten. Dies berichtete ein beteiligter Beamter gestern vor dem Landgericht Potsdam.

Der Streifenpolizist räumte Mängel bei der Spurensicherung ein. Zahlreiche umherliegende Glasscherben von verschiedenen Bierflaschen seien in einer Papiertüte aufgesammelt worden. An einer Scherbe stellten die Ermittler später eine verwischte DNS-Spur fest, die nicht mehr mit letzter Sicherheit einem der Angeklagten zugeordnet werden konnte.

Der Polizist forderte am frühen Morgen jenes 16. April 2006 eigenen Angaben zufolge die Kriminaltechnik an. „Dies wurde verneint, aus welchen Gründen auch immer“, sagte er. Auch auf den Tatortfotos sei fast nichts zu erkennen. Der Streifenbeamte, der die Bilder gemacht hatte, räumte ein: „Die kann man im Prinzip vergessen.“

Erschwert wird die Aufklärung auch wegen der Gedächtnislücken Mulugetas. „Ich habe definitiv keine Erinnerung“, sagte der 38-Jährige. Seine Frau berichtete von einem zweiten Anruf auf ihrem Handy in der Tatnacht, der möglicherweise auf weitere Täter hindeutet. Sie habe einen Mann sagen gehört: „Lass uns abhauen.“ Dies sei nicht die Stimme gewesen, die mit rassistischen Beleidigungen auf ihrer Mailbox zu hören war.