„Ein unlösbares Dilemma“

Vortrag über den (Un)Sinn des Statebuildings

■ 34, Politikwissenschaftlerin, forscht an der HSU über internationale Politik. 2010 erschien ihr Band „Illusion Statebuilding“.

taz: Frau Bliesemann de Guevara, warum beschäftigen sie sich mit Statebuilding?

Bliesemann de Guevara: Mit Kriegen beschäftige ich mich schon länger. Sich mit der Problematik des Aufbaus von Nachkriegsstaaten nach dem Muster westlicher Demokratien – des Statebuildings – zu beschäftigen war eine logische Konsequenz.

Wo liegt das Problem?

Der westliche Staat dient beim Statebuilding als Modell. Er ist aber das Produkt eines sehr langen Prozesses, der eben nicht von außen gesteuert war. Und nur das Endprodukt als Modell zu nehmen, kann nicht funktionieren. Der Irak als Beispiel: Man hat Hussein gestürzt, aber es ist kein demokratischer Staat.

Was schlagen Sie vor?

Es ist ein unlösbares Dilemma. Das westliche Demokratiebild kann und muss nicht überall umgesetzt werden. Nicht jede Gesellschaft, die anders organisiert ist, versinkt in Krieg und Chaos.

Ihre favorisierte Staatsform?

Die westlich-demokratische. Ich habe auch grundsätzlich nichts gegen das Modell, aber es ist falsch, wenn von außen etwas an eine Gesellschaft herangetragenen wird. Das klappt nicht.

Das Ziel ist also verfehlt?

Es kommt auf die Bewertungsgrundlage an. In Bosnien wurde der Genozid eingedämmt. Aber die Probleme, die dazu führten, wurden nicht gelöst. Dort ist das Statebuilding mit den Zielen, die es sich gesetzt hat, gescheitert.

INTERVIEW:
LEA BAUMEYER

„Illusion Statebuilding“: 18 Uhr, Bibliothek der Helmut-Schmidt- Universität, Holstenhofweg 85