KOMMENTAR: EMILIA SMECHOWSKI ÜBER ZWANGSHEIRAT
: Sorgen ernst nehmen

Flucht vor Zwangsheirat ist für die meisten Europäerinnen kein Thema – schön für sie. Doch auch wenn Zwangsehen und der sogenannte Ehrenmord selten vor der eigenen Haustür geschehen: Junge Frauen aus der ganzen Welt fliehen in die Bundesrepublik, um diesen archaischen Praktiken zu entgehen. Wie im Fall der jungen Irakerin: Sie war über London nach Deutschland eingereist, weil sie ihren Cousin in der Heimat nicht heiraten wollte. Es wäre eine humanitäre Pflicht, ihre und die Sorgen anderer Frauen in einer ähnlichen Situation ernst zu nehmen.

Dieser Pflicht ist das zuständige Verwaltungsgericht in ihrem Fall bisher nicht nachgekommen. Sie nach Großbritannien zurückzuschicken, wo ihr die Verfolgung durch ihre Verwandten droht, ist fahrlässig. Der Kommentar zu ihrer Jungfräulichkeit entbehrt jedoch jeder Grundlage. Er legt nahe, der jungen Frau ginge es lediglich darum, ihren Ehemann in der Hochzeitsnacht zu täuschen. Dass sie nicht einen Blutsverwandten heiraten, sondern sich ihren Ehemann bei Bedarf selbst suchen will, scheint dem Gericht nicht in den Sinn gekommen zu sein.

Jetzt muss sich die junge Irakerin nicht nur vor ihrer Familie, sondern auch vor der Polizei verstecken. Denn das Kirchenasyl dürfte eigentlich nicht so heißen: Es bietet keinerlei juristischen Schutz vor Abschiebung.