: Lizenz zum Lieben
Heute startet der neue James Bond in den deutschen Kinos. „Casino Royale“, der erste Film mit Daniel Craig in der Hauptrolle, ist angeblich auch Beginn einer neuen Ära. Doch wer ist wirklich der beste Bond? Fünf subjektive Bekenntnisse
Actionheld und Romantiker
Es kann nur einen geben: Sean Connery. Wir hatten Glück, denn, wäre es nach Ian Fleming gegangen, hätte der immer übercharmant-liebe Cary Grant den Zuschlag für die Rolle bekommen – was wäre das für eine kolossale Fehlbesetzung gewesen!
Ian Fleming bezeichnete den Schotten Connery damals als zu wenig feinsinnig, zu grobschlächtig und zu behaart für die Rolle. Einfach zu unelegant. Bitte?! Kann man denn noch eleganter sein? Und zugleich männlicher? Sean Connery hat mit dem Geheimagenten 007 einen neuen Typus Mann auf der Leinwand erschaffen – da liegt auch der Erfolg der Filmreihe begründet. Auf der einen Seite Actionheld und Frauenverführer, auf der anderen Charmeur und Romantiker. So bedient die Figur die Sehnsüchte beider Geschlechter, funktioniert als Projektionsfläche ebenso wie als Fluchthelfer aus dem Alltag. Das ist sicherlich dem klug angelegten und fein gezeichneten Roman-Vorkämpfer geschuldet, hätte mit einem anderen Darsteller aber schlicht nicht funktioniert. Ein Grant wäre viel zu wenig Raubein gewesen – und Charlton Heston zu wenig Gentleman.
Die Formel ist einfach: Connery gleich Bond und Bond gleich Connery – der eine hat den anderen erschaffen –, sie sind untrennbar miteinander verbunden. Und daher ist jeder, der danach kam, immer nur zweite Wahl, Abklatsch oder Fehlbesetzung. DANIEL MÜLLER
Die tragische Figur
George Lazenby war der bessere Roger Moore, als die Zeit noch nicht reif war für Roger Moore. 1969 war das, als Sean Connery mit seinen Gehaltswünschen Produzent Albert R. Broccoli so sehr nervte, dass der sich kurzerhand nach einem neuen James Bond umsah.
Die Wahl fiel auf den australischen Dressman George Lazenby, der als Schauspieler bis dato nur in Werbespots für Schokolade aufgefallen war, als Athlet die meisten Stunts aber selbst spielen konnte. Abgesehen von Lazenby war „Im Geheimdienst Ihrer Majestät“ ungewöhnlich anspruchsvoll besetzt, mit Telly Savalas als Bösewicht und Diana Rigg als Geliebte, die kurz vor ihrem gewaltsamen Tod mit Bond vor den Altar tritt – der entscheidende Drehbuchfehler. 007? Als trauernder Ehemann? Von Mrs Teresa Bond? Der Film musste floppen, und vor Schreck versöhnte sich Broccoli wieder mit Connery. Lazenby war raus.
Wenn er gerade nicht für C-Movies aus Hongkong vor der Kamera steht, dreht der vergessene Bond heute Werbespots – fürs japanische Werbefernsehen.
„Wäre ich erfolgreich gewesen“, sagte er einmal, „dann wäre ich heute wohl schon von drei oder vier Hollywood-Schönheiten geschieden und hätte ein Drogenproblem.“ Stattdessen ist der drogenfreie 67-Jährige heute erst in zweiter Ehe verheiratet. Nicht mit Diana Rigg, sondern mit der Ex-Tennisspielerin Pam Shriver. Immerhin. ARNO FRANK
Original und Abklatsch
Mein erstes James-Bond-Gadget war ein Videorekorder. In den ganz frühen Achtzigern kaufte sich unser technikbegeisterter Nachbar ein Betamax-Gerät. Die Sensation sprach sich schnell herum – genauso wie der Spott darüber, dass er aufs falsche System gesetzt hatte. Der Vorteil aber war: Filme auf Beta waren in der Videothek nie ausgeliehen.
Nachmittagelang habe ich mit der Nachbarstochter „Eis am Stiel“-Filme geguckt (wenn die Eltern nicht da waren), einen ausgeleierten Mitschnitt von Blake Edwards’ „Unternehmen Petticoat“ – oder eben 007-Filme.
Es müssen ausschließlich Bonds aus den Jahren ab 1973 gewesen sein. Deswegen war Roger Moore für mich die einzig wahre Verkörperung des britischen Geheimagenten. Als wenige Monate nach „Octopussy“ Anfang 1984 Sean Connery für „Sag niemals nie“ auf die Leinwand zurückkehrte, war ich verwirrt. Der Film war eine einzige Enttäuschung. Und das sollte jetzt der wahre Bond sein und Moore nur ein billiger Abklatsch? Ich hielt zu Moore. Dessen schweinchenrosa Teint fand ich zwar immer eklig, aber Connerys pelzige Brustbehaarung war auch nicht besser. Moore war einfach lustiger in seiner herablassenden Art.
„Dr. No“, „Goldfinger“ und „Diamantenfieber“ habe ich erst viel später kennen und schätzen gelernt, nicht wegen Connerys Darstellung, sondern wegen der grandiosen Set-Designs von Ken Adam. Da hatte ich dann aber längst einen eigenen Videorekorder. SVEN VON REDEN
Mit Würde und Nonchalance
Eigentlich sind Bond-Filme peinlich. Allein die DVD-Titelbilder: ein Mann im Smoking, die Pistole neben der Nase.
Natürlich ist das Peinliche auch das Attraktive: Das Blabla mit Manieren und Martinis verkleidet nur notdürftig eine kindische Größenfantasie. Besonders Pierce Brosnan ging virtuos damit um, feuchte Träume zu verkörpern. Darüber hinaus öffnete er das Genre für die weibliche Machtfantasie und machte es so auch für Mädchen attraktiv.
Einerseits gab es auch bei ihm die klassisch-schmierigen Bond-Zeilen, wie er sie in „Goldeneye“ mit Xenia Onatopp (höhö) austauscht. „Die Pistole werden Sie im Bett wohl kaum brauchen“, sagt sie. „Das hängt von Ihrer Definition von Safer Sex ab“, sagt er. Oder der Schlussgag in „Die Welt ist nicht genug“, der auf Kosten des Bond-Girls Christmas Jones geht: „Ich dachte, Christmas käme nur einmal im Jahr.“
Zugleich durften die Frauen bei Pierce endlich zurückfeuern. Das fing mit Xenia Onatopp an, die auf Bonds kühle Verabschiedung „Ich muss sagen, ich hatte einen bezaubernden Abend“ antwortete: „Einmal mehr lag das Vergnügen ganz auf Ihrer Seite.“ Und setzte sich fort in „Der Morgen stirbt nie“, wo M und Moneypenny hinter seinem Rücken die Augenbrauen hochziehen: „Don’t ask!“ – “Don’t tell!“
Pierce ertrug diese weiblichen Ermächtigungen mit Würde und Nonchalance, als könne er der eigenen Demontage noch etwas abgewinnen. Das hat wahre Größe. BARBARA SCHWEIZERHOF
Ein Biertrinker und Gentleman
„Hey, wir holen noch Zigaretten. Mach uns schon mal fünf Bier fertig.“ Dann fällt die Tür wieder ins Schloss.
Ein verregneter Herbstabend Mitte der Neunziger. Ein kleines Café in Charlottenburg. Es ist Freitag, kurz nach zehn, als die Tür erneut aufgeht und sich die fünf Männer an den Tresen stellen. Sie scherzen über die Deutschen, die geduldig auf ein 7-Minuten-Pils warten. „Da habt ihr’s schwer, euch zu betrinken“, sagen sie zum Kellner. Die 0,3-Liter-Gläser finden sie niedlich und schlagen vor, den Schaum auszuschütten und nachzuzapfen. Sie sprechen Englisch, british english. Sie drehen einen Film in Berlin und kommen bald fast jeden Abend. „That’s our place“, sagen sie. Sie stellen sich vor, einer heißt Daniel.
Eines Abends ist eine Frau dabei: Heike Makatsch. Sie mag kein Bier, findet das gar nicht „our place“: Sie will den Briten das richtige Berlin zeigen. „Oh come on, it’s fun here“, sagt einer und zeigt über die Tische: „That’s our Berlin.“ Sie lachen und bestellen noch eine Runde. Dann rufen sie ein Taxi: „See you.“ Der Kellner glaubt nicht dran.
Er poliert wieder Gläser und wartet. Als er gerade zumachen will, geht die Tür auf. „We’ve said: See you“, sagt Daniel und bestellt noch eine Runde.
Ein Jahr später sieht der Kellner das Plakat für „Obsession“ an einer Litfaßsäule. In den Hauptrollen: Heike Makatsch und Daniel, Daniel Craig. JÖRN KABISCH
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen