Kein Pardon für junge Straftäter

Frankreichs Innenminister Sarkozy will härter gegen Jugendkriminalität vorgehen

PARIS taz ■ Vor den Abgeordneten malte Frankreichs Innenminister Nicolas Sarkozy den Teufel an die Wand: „Wenn wir heute die Brutalität entschuldigen, müssen wir morgen die Barbarei gewärtigen!“ Seit Dienstag debattiert die Nationalversammlung über eine Gesetzesvorlage von Sarkozy, die dem Staat beim Kampf gegen Jugendkriminalität die Möglichkeit zu einem härterem Durchgreifen geben soll.

Nicht umsonst hat Sarkozy den Ruf, ein „Law and Order“-Politiker zu sein. Zu diesem Etikett bekennt er sich. Nach den Krawallen in den Vorstadtsiedlungen und brutalen Angriffen von Jugendlichen auf Polizisten, Feuerwehrleute und Busfahrer hatte er versprochen, hart durchzugreifen. Früher hatte er angekündigt, er werde die „Banlieue von diesem Gesindel säubern“. Sarkozy weiß, dass seine politische Glaubwürdigkeit als Präsidentschaftskandidat für die Wahlen 2007 von den Ergebnissen abhängt, die er in diesem Bereich vorweisen kann.

Verschiedentlich hatte Sarkozy die Richter öffentlich kritisiert, die seiner Meinung nach zu zimperlich mit gewalttätigen Jugendlichen und Randalierern umgehen. Da sich die Justiz auf das geltende Recht beruft, will Sarkozy nun die Gesetze ändern. „Die Prävention beginnt mit der Sanktion“, lautet seine Devise.

Mit seiner elften Gesetzesvorlage in vier Jahren will er alles in seiner Macht Stehende tun, damit minderjährige Straftäter – vor allem wenn es sich um rückfällige Delinquenten handelt – sofort und streng bestraft werden. Als Alternative zu Gefängnissen empfiehlt die Vorlage geschlossene Erziehungsheime, von denen zwanzig existieren. Sarkozy wünschte auch automatische Mindeststrafen für vorbestrafte junge Delinquenten.

Vor allem sollen die mehr als 36.000 Bürgermeister den Kampf für die innere Sicherheit unterstützen. Von ihnen erwartet der Innenminister, dass sie eng mit Polizei und Justiz zusammenarbeiten, sie mit Informationen über notorische Unruhestifter versorgen und diese dank der Hinweise von Lehrern und sozialen Betreuern registrieren. Auch können sie Familien, die ihre Aufsichtspflichten vernachlässigen, vorübergehend gewisse Sozialzulagen vorenthalten.

„Der Bürgermeister muss seine Rolle als Vermittler behalten und darf sich nicht in einen Hilfssheriff verwandeln“, kritisierte der sozialistische Abgeordnete und Bürgermeister des Pariser Vororts Evry, Manuel Valls. Am Wochenende hatten Sozialarbeiter, Sozialpädagogen und Psychologen gegen das Sarkozy-Gesetz demonstriert. Es sei mit ihrem Berufsgeheimnis unvereinbar, denn es verlange die „Denunzierung“ von Jugendlichen.

Sarkozy beschuldigte die Sozialisten vor der Nationalversammlung, mit ihrer „Toleranz aufgrund von Naivität“ seien sie für die Zunahme der Gewalt verantwortlich. Die nun debattierte Gesetzesvorlage, die auf Wunsch des Premiers abgeschwächt wurde, geht Sarkozy nicht weit genug. Er kündigte an, dass er im Falle seiner Wahl zum Präsidenten das Strafrecht für Minderjährige aus dem Jahr 1945 verschärfen werde. RUDOLF BALMER