Justitia ohne Tuch

Eine Kopftuchträgerin darf keine Schöffin sein, so das Landgericht Dortmund. „Eine Einzelentscheidung“

DÜSSELDORF taz ■ Die türkischstämmige Laienrichterin Güler Tirlak darf keine Schöffin mehr sein. Das Landgericht Dortmund hat gestern entschieden, dass eine kopftuchtragende Laienrichterin nicht neutral sein könne. „Sie ist nicht fähig, das Amt gerecht auszuüben und zum Beispiel Männer und Frauen gleich zu behandeln“, sagt die Gerichtssprecherin Annedore Flüchter.

Güler Tirlak wurde am 8. November letzten Jahres im Dortmunder Landesgericht von einem Prozess ausgeschlossen, weil sie ein Kopftuch getragen hatte. Der damalige Vorsitzende Richter der achten Strafkammer, Ulf Penning hatte sie damals vor die Wahl gestellt: Entweder müsse sie das Kopftuch ablegen oder er würde sie von ihrem Ehrenamt entpflichten. Als sie sich weigerte, schloss er sie von der Verhandlung aus. Seiner Meinung nach zeige es, dass sie nicht über Objektivität verfüge.

Die Kammer habe die Frau ausführlich persönlich angehört, erklärte Sprecherin Flüchter. Sie sei anschließend zu der Auffassung gelangt, dass die Schöffin nicht neutral urteilen könne. Flüchter betonte, dass dies keine Grundsatzentscheidung über die Frage sei, ob eine Kopftuch tragende Frau für das Schöffenamt geeignet sei. „Es war eine konkrete Entscheidung auf der Grundlage der Anhörung.“

Laut Gesetz muss eine Schöffenliste alle Gruppen der Bevölkerung widerspiegeln. Hasso Lieber vom Verband ehrenamtlicher RichterInnen hielt ihren Ausschluss bei der ersten Urteilsverkündung für einen Skandal. „Für eine Befangenheit muss es klare Anhaltspunkte geben“, sagte er. Diese Solidaritätsbekundungen werden Güler Tirlak wenig nutzen. „Wegen ihrer Parteilichkeit haben wir sie von der Schöffenliste gestrichen“, sagt Annedore Flüchter.

PEGAH BYROUM-WAND