Humor ist, wenn er lacht

Witze im Karneval reißen meist Männer: In der Bütt, bei Herrenabenden, im Zug. „Wenn Frauen Zoten reißen, wird die Nase gerümpft“, sagt Liedermacherin Nikuta. Über den feinen Unterschied

von ANNIKA JOERES

Düsseldorf und Köln fest in Frauenhand, riefen die Weiber aus. Den Möhnen gehört die Stadt, riefen die Bürgermeister in Köln und Düsseldorf. Aber gehört den Frauen auch der Karnevalswitz, das Büttenjohlen – oder doch nur für einen Tag die halbe Krawatte?

Frauen und Männer lachen anders. In einem sind sie sich aber einig: Komikerinnen müssen bessere Witze machen, damit die Gesichtsmuskeln zucken. „Frauen haben es grundsätzlich schwerer“, sagt die Kölner Liedermacherin Marie-Luise Nikuta. Seit vierzig Jahren singt sie erfolgreich vom Kölner Leben. Als Sängerin sei es noch leichter, sagt sie. „Frauen in der Bütt werden aber nicht akzeptiert.“ Wenn sie Zoten rissen, würde das Publikum die Nase rümpfen. „Männer dürfen hingegen die blödesten Witze machen.“

Frauen in der Bütt

Rund neunzig Prozent aller Komiker sind männlich, Büttenrednerinnen sind die große Ausnahme. An Herrenabenden, die zu hunderten statt finden, sind die Jecken unter sich. Bis auf die voltierenden Funkenmariechen auf der Bühne. Mittlerweile haben die Frauensitzungen aber genauso viele Zuschauerinnen. Und während der Fastnacht trifft man auch in katholischen Dörfern ältere Frauen, Hausfrauen, die Büttenreden halten und auch männerkritische Witze reißen. „Frauen sind leichter zu begeistern,“ sagt Nikuta. Mittlerweile hätten die Frauenabende mehr Zuspruch als die männliche Gegenveranstaltung.

Frauen selbst begeistern jedoch wesentlich seltener. Für die Freiburger Humorforscherin Helga Kotthoff werden die Grundsteine für die späteren Schmidts, Nuhrs und Polts schon sehr früh gelegt. Lustige Charaktere werden schon im Kleinkindalter gefördert. „Professionelle Komiker waren in der Regel schon witzige Kinder.“ Der frühe Applaus hat sie gestärkt.

Weiblicher Woody Allen?

Und später? Humor ist auch eine Frage der Macht, Humor funktioniert oft, wenn Regeln gebrochen und Hierarchien missachtet werden. „Wer Normen bricht, definiert indirekt auch die herrschende Norm mit“, sagt Kotthoff. Noch heute werde es ja viel eher einem Harald Schmidt zugebilligt, das Politik- und Sportgeschehen zu kommentieren, als irgendeiner Frau. Und natürlich das Aussehen. Könnte ein weiblicher Woody Allen, klein, neurotisch, relativ unattraktiv, ebenso Karriere machen? Nein, sagt Kotthoff. Unmöglich. „Ich wünsche mir schrullige hässliche Komikerinnen.“ Viel zu oft kämen Frauen meist als bierernste, problembeladene Gestalten daher.

Im Karneval, da sind allerdings auch die Frauen doof, tragen wenig schmeichelhafte Kostüme und reißen sexistische Männerwitze. Mit einem kleinen Unterschied: Frauenwitze sind oft aus der Pornografie übernommen. „Die Frau treibt es jederzeit und überall mit jedem X-beliebigen – das wird oft transportiert“, sagt Kotthoff. Männerwitze seien zwar genauso niveaulos, aber harmloser. Und sie seien auch deswegen harmloser, weil sie eben mächtigere Personen treffen. „Die Entblößung ist nicht dieselbe.“

Der Alltag hat mit der Karnevalszeit wenig zu tun. Letztere ist bekannt für Rollentausch, für bierernste Krawattenpersonen, die zu aufgebrachten Witzbolden mutieren und Hausfrauen, die betrunken auf Tischen tanzen. In wenigen Tagen ist wieder alles beim Alten. Witze müssen wie Puzzleteile zur Situation und dem Publikum passen. Im Ausland konnte niemand über Loriot lachen, die Fernsehausstrahlungen floppten in Österreich und der Schweiz. Nur eines verschwindet nie, ob Büttenredner, Komikerin, Karneval oder Büropause: Im Spott sind sich die Geschlechter und KomikerInnen wieder sehr ähnlich.