Berater verhaftet

Nach Durchsuchungen bei Siemens gerät der Vorsitzende der Gewerkschaft AUB in Verdacht

„Man fragt sich, wie die üppigen Wahlkämpfe finanziert werden konnten“

MÜNCHEN ap/afp/rtr ■ Im Zusammenhang mit dubiosen Geldzahlungen des Siemens-Konzerns hat die Nürnberger Staatsanwaltschaft den Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft Unabhängiger Betriebsangehöriger (AUB), Wilhelm Schelsky, verhaftet. Eine Sprecherin der Nürnberger AUB-Zentrale betonte, dass sich die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft allein gegen Wilhelm Schelsky als Unternehmer richteten und nicht gegen die Arbeitnehmerorganisation.

Die Staatsanwaltschaft bestätigte gestern lediglich, dass im Zusammenhang mit den jüngsten Durchsuchungen bei Siemens und der Arbeitnehmerorganisation gegen einen Unternehmer aus Oberfranken unter dem Verdacht von Steuerstraftaten ein Haftbefehl vollstreckt worden sei. Nähere Angaben zur Person und zum Ermittlungsstand machte die Behörde aus Gründen des Steuergeheimnisses nicht.

Ein Siemens-Sprecher bestätigte gestern, dass ein Beratervertrag mit dem ehemaligen Siemens-Betriebsrat Ende 2006 fristlos gekündigt worden sei, da Schelsky seine Gegenleistungen als Unternehmensberater nicht ausreichend nachgewiesen habe. Laut Siemens erhielt der AUB-Gründer und Unternehmensberater seit 2001 Zahlungen in Höhe von 14 Millionen Euro unter anderem für Beratungsleistungen und Mitarbeiterschulungen. Siemens wies aber den Verdacht zurück, der Konzern habe sich mit den Beraterverträgen Gefälligkeiten von Betriebsräten der AUB erkaufen wollen: „Wir weisen ganz klar von uns, dass wir die Betriebsratsarbeit unzulässig beeinflusst haben“, sagte der neue Antikorruptionsbeauftragte von Siemens, Daniel Noa, gestern.

Sollte sich der neueste Verdacht erhärten, könnte eine Parallele zur Affäre um den früheren VW-Personalchef Peter Hartz gezogen werden. Hier ging es darum, Betriebsräte durch Geldzahlungen gefügig zu machen. IG-Metall-Sprecher Jörg Köther zufolge habe die AUB wenige Mitglieder und einen niedrigen Mitgliedsbeitrag. Daher habe er sich manchmal gefragt, „wie die üppigen Wahlkämpfe in der Vergangenheit finanziert werden konnten“.

Die AUB ist bei Siemens im Aufsichtsrat vertreten und stellt in einem Geschäftsbereich den Betriebsratschef. Sie hatte in der Vergangenheit – anders als die IG Metall – umstrittene Pläne der Unternehmensführung unterstützt. Der Technologiekonzern Siemens wird seit Herbst 2006 von einer Reihe von Krisen erschüttert. Das hat dem Umsatz aber ebenso wenig geschadet wie dem Aktienkurs. Dieser stieg in den vergangenen Monaten kontinuierlich an und liegt derzeit deutlich über Vorjahresniveau.