Allahu akbar, Papa!

Aus Istanbul Jürgen Gottschlich

Kurz bevor Papst Benedikt XVI. am Dienstag in der Türkei eintreffen wird, versuchen der Vatikan und die türkische Regierung noch, Zeichen der Entspannung zu setzen. Nachdem Ministerpräsident Tayyip Erdogan, immer noch verärgert durch Ratzingers Regensburger Rede, zunächst hatte erklären lassen, er könne den Papst nicht empfangen, er sei zu der Zeit auf dem Nato-Gipfel in Riga, sagte er gestern, er werde doch noch versuchen, ein Treffen möglich zu machen. Im Gegenzug erklärte ein Vatikansprecher, der Papst habe sich im letzten Moment entschlossen, nicht nur die Hagia Sophia, sondern auch die Blaue Moschee zu besuchen und so dem Islam seine Reverenz zu erweisen. Trotz dieser Gesten kann der Papst in der Türkei kaum mit jubelnden Massen rechnen.

In der Türkei glaubt niemand, dass von diesem Papst, auch wenn er eine Moschee besucht, ein positiver Impulse im islamisch-christlichen Verhältnis zu erwarten ist. Seine Regensburger Rede hat in den gebildeten, außenpolitisch interessierten Kreisen der Türkei nur das Bild bestätigt, das man von Joseph Ratzinger bereits hatte: ein konservativer Theologe, der sich als Kardinal vehement gegen den Beitritt der Türkei zur EU aussprach. Benedikt hatte in Regensburg einen byzantinischen Kaiser mit den Worten zitiert, der Prophet Mohammed habe nur „Schlechtes und Inhumanes“ gebracht, weil er den Glauben mit dem Schwert verbreiten lassen wollte. Trotz des Bedauerns, dass seine Worte missverstanden worden seien, hatte der Papst sie nicht zurückgenommen.

Während der letzte Papstbesuch 1980 unspektakulär und weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand, wird der kommende Besuch ein weltweites Medienspektakel. „Der Papst tritt dem Islam entgegen“, titelte das US-Magazin Time vorige Woche und machte klar, wie der Besuch in der westlichen Welt gesehen wird. Nicht zuletzt deshalb gibt es große Ängste in der Türkei, dass jeder Zwischenfall dazu genutzt werden wird, die Türkei als intoleranten muslimischen Staat darzustellen.

Der Besuch findet unter Sicherheitsstufe 1 statt. Benedikt ist als Staatsoberhaupt des Vatikanstaates Gast des türkischen Staatspräsidenten Ahmet Necmed Sezer. Inhaltlicher Höhepunkt wird sein Treffen mit dem Vorsitzenden der Religionsbehörde, dem formal höchsten muslimischen Würdenträger der Türkei, Ali Bardakoglu, am Dienstag sein. Bardakoglu hatte die Regensburger Rede als Angriff auf die drei Grundpfeiler des Islam kritisiert.

In Istanbul wird Benedikt beim griechisch-orthodoxen Patriarchen Bartholomäus I. zu Gast sein. Beide Kirchenführer feiern am Donnerstag in der Kathedrale St. Georg das Andreasfest. Bartholomäus gilt als 270. Nachfolger des Apostels Andreas. Anschließend soll eine Erklärung zur Ökumene veröffentlicht werden.

Der Freitagvormittag wird der Höhepunkt für die normalen katholischen Gläubigen werden, wenn der Papst eine Messe in der Heiligen-Geist-Kirche im Zentrum Istanbuls zelebrieren wird. Die Eintrittskarten dafür sind bereits verteilt, wer nicht eingeladen ist, hat kaum eine Chance, sich der Kirche zu nähern. Für den normalen Istanbuler wird der Besuch ein Medienspuk bleiben.