MARTIN REEH ÜBER DEN ECCLESTONE-PROZESS
: Der Boss geht nach Hause

Sicher, man kann der Auffassung sein, dass der Deal im Ecclestone-Prozess Raum für wichtigere Verhandlungen freimacht. Und genauso legitim ist es, das Gericht dafür zu kritisieren, dass es einen prominenten Sportmanager ohne Strafe davonkommen lässt.

Aber eigentlich ist das Fazit, das man nach dem Verfahren gegen Bernie Ecclestone ziehen kann, zu interessant, um es in einem groben Raster zu belassen. Zunächst zeigt der Prozess, wie problematisch Deals im Strafverfahren sind – wobei hier der problematischere Anteil aufseiten des Gerichts liegt. Die Vernehmung des Hauptbelastungszeugen Gribkowsky hatte Zweifel gesät, ob die Beweise für eine Verurteilung Ecclestones überhaupt ausgereicht hätten. Da der Vorsitzende Richter aber derselbe wie im Gribkowsky-Verfahren war, hätte er mit einem Freispruch sein damaliges Urteil selbst infrage gestellt. Mit dem Deal aber traf sich sein Interesse mit dem Ecclestones, der ein langes Verfahren so wenig wie einen Schuldspruch gebrauchen konnte.

Die Anklage wegen Bestechung war von Anfang an zweifelhaft. Das Gericht hätte Ecclestone nachweisen müssen, dass er den angeblich bestochenen BayernLB-Vertreter Gribkowsky als Amtsvertreter ansah. Das war angesichts einer Bank, die nicht wie eine Sparkasse handelte, sondern wie ein Big Player Formel-1-Anteile verhökerte, schwierig.

Nimmt man das Nürburgring-Verfahren hinzu, bleibt das ironische Fazit, dass mit Gribkowsky und dem Mainzer Finanzminister Ingolf Deubel (SPD) zwei Regionalgrößen zu Haftstrafen verurteilt wurden, weil sie im System Ecclestone mitspielen wollten. Der Boss selbst geht straffrei aus. Möglicherweise nicht einmal zu Unrecht. So naiv wie die Märchenprinzen aus der Provinz ist Ecclestone nie gewesen.

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