Auch Ecuador wählt linken Präsidenten

In Ecuador gewinnt Linksnationalist Rafael Correa überraschend klar die Stichwahlen zur Präsidentschaft. Im Parlament hat er keine Vertretung – aber umfangreiche Pläne für das Land: verfassunggebende Versammlung, mehr Staat in der Wirtschaft

VON GERHARD DILGER

Wieder einmal haben die EcuadorianerInnen den Umfrageinstituten ein Schnippchen geschlagen: In der Stichwahl um das Präsidentenamt erzielte Linksnationalist Rafael Correa vorgestern einen klaren Sieg gegen den Multimillionär Álvaro Noboa. Nach Auszählung rund der Hälfte der Stimmbezirke kam Correa auf 68,3 Prozent, teilte das Oberste Wahlgericht in Quito gestern Vormittag mit. Noboa, der den ersten Wahlgang am 15. Oktober gewonnen hatte, lag demnach bei 31,7 Prozent.

Gefeiert wurde aber schon am Sonntagabend, denn bereits die Nachwahlbefragungen bescheinigten Correa einen deutlichen Vorsprung. Auf den Straßen Guyaquils und Quitos schwenkten Tausende seiner Anhänger die hellgrünen Fahnen des Wahlbündnisses „Allianz stolzes und souveränes Vaterland“. Nach einer „langen und traurigen neoliberalen Nacht, die so viel Schaden angerichtet hat“, habe sich nun „das Bürgerprojekt der Hoffnung“ durchgesetzt, sagte Correa in seiner Siegesrede in einem Hotel in Quito. Der strapaziöse Wahlkampf stand ihm ins Gesicht geschrieben, als er in die Mikrofone sagte: „Mit tiefer Gelassenheit und Dankbarkeit nehmen wir den Sieg entgegen, den uns das ecuadorianische Volk gegeben hat.“

Als eine seiner ersten Amtshandlungen im Januar 2007 werde er im Rahmen seiner „Bürgerrevolution“ eine verfassunggebende Versammlung einberufen, bekräftigte er – vor allem wegen dieser Forderung konnte er zuletzt die Unterstützung der Indígenas gewinnen. Doch dazu ist laut Verfassung nur der Kongress befähigt, wo Noboas Partei 28, die „Allianz“ jedoch keinen einzigen Abgeordneten stellt. Correa hatte demonstrativ auf eine eigene Liste verzichtet.

Im Wahlkampf hatte sich der frühere Wirtschaftsminister für umfangreiche Sozialreformen und eine stärkere Rolle des Staates eingesetzt. Die „übliche Mafia“ habe die Erdölproduktion schleichend privatisiert, sagte er am Sonntag: „Vier von fünf Fässern Erdöl, die die Privatfirmen fördern, nehmen sie an sich, eins lassen sie uns.“

Ein Freihandelsabkommen mit den USA lehnt Correa ab, den Vertrag über die US-Militärbasis in Manta will er fristgerecht bis 2009 kündigen. Den „Plan Colombia“, mit dem die USA und Kolumbiens Regierung Drogenhandel und Linksguerilla bekämpfen, sieht er kritisch: „Ich werde die Farc [Guerilla] nicht als Terroristen bezeichnen“.

„Ich wünsche mir ein stolzes und souveränes Vaterland, das niemand mehr aus materiellen Gründen verlassen muss“, gab er als Ziel an. Über die Hälfte der 13,5 Millionen EcuadorianerInnen lebt in Armut. Hunderttausende versuchen ihr Glück im Ausland, vor allem in Spanien und den USA.

Gerne verortet sich der Wahlsieger innerhalb des „Linksrucks“, der Südamerika in den letzten Jahren erfasst hat. Dem Venezolaner Hugo Chávez ist er freundschaftlich verbunden, bewundert aber auch die chilenische Sozialdemokratin Michelle Bachelet.

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