Abtreibung nicht gleich NS-Genozid

Nürnberger Abtreibungsarzt wehrt sich mit Erfolg gegen „Babycaust“-Vorwurf

NÜRNBERG dpa/afp ■ Abtreibung darf nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht mit dem nationalsozialistischen Massenmord gleichgesetzt werden. Nach einem mehr als siebenjährigen Rechtsstreit gab das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg der Unterlassungsklage eines Arztes gegen Abtreibungsgegner recht. Diese hatten den Mediziner als „Tötungsspezialist für ungeborene Kinder“ sowie seine Tätigkeit als „Kindermord im Mutterschoß“ bezeichnet und auf Flugblättern den Vergleich gezogen: „damals: Holocaust, heute: Babycaust“. In ihrem Urteil stützen sich die Richter des Oberlandesgerichts auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe vom 24. Mai 2006.

Nach Ansicht der Verfassungshüter sind die beiden Aussagen „Kindermord im Mutterschoß“ sowie der Verglich zwischen Holocaust und Abtreibung unzulässige Beleidigungen. Die Bezeichnung des Arztes als „Tötungsspezialist für ungeborene Kinder“ sei allerdings eine zutreffende Tatsachenaussage. Die anklingende Wertung könne als hinnehmbar beurteilt werden, so der Spruch aus Karlsruhe. Die Nürnberger Richter sahen sich an diese höchstrichterlichen Interpretationen nun gebunden: Ein Spielraum für eine eigene Bewertung sei nicht mehr vorhanden, so dass das Sachurteil wie geschehen ergehen musste, erklärte das Gericht (Aktenzeichen 8 U 077/99).