Außenministertreffen findet trotzdem statt

Pakistaner Kasuri reist heute nach Delhi: Bestandsaufnahme der bisherigen Fortschritte im Friedensprozess

DELHI taz ■ Am heutigen Dienstag reist der pakistanische Außenminister Khurshid Kasuri nach Indien. Er wird zwar nicht mit dem Zug in Delhi eintreffen, dennoch stellt sich die Frage, ob der Bombenanschlag auf den einzigen Zug zwischen Pakistan und der indischen Hauptstadt seine Reise sabotieren sollte. Es ist keine Routinevisite, sondern das erste Außenministertreffen, das eine Bestandsaufnahme der bisherigen Fortschritte im Friedensprozess vornehmen soll. Beide Regierungen hatten insgesamt acht Arbeitsgruppen eingesetzt, die sich mit allen bilateralen Themen und Möglichkeiten der Verbesserung auseinandersetzten, von Kultur über Informationsaustausch zu Handel und Tourismus.

Im Verlauf von Kasuris Besuch wird auch ein Abkommen zur Verminderung der Risiken im Fall von Atomunfällen und gegenseitige Hilfe bei deren Eintreten unterzeichnet. Es könnte sein, dass die beiden Außenminister auch über Fortschritte bei Verhandlungen über eine Reduktion und den Teilrückzug von Truppen im Gebiet des Siachen-Gletschers berichten können.

Das zentrale Thema ist aber weiterhin die Frage nach Fortschritten für eine politische Lösung von Jammu und Kaschmir. Seitdem sich die beiden Staatschefs im September beim Blockfreien-Gipfel in Havanna getroffen haben, kam es offenbar zu neuen Hintergrundgesprächen. Aus Andeutungen von Pakistans Präsident Pervez Musharraf und Indiens Premier Manmohan Singh haben indische Zeitungen geschlossen, dass es dabei erhebliche Fortschritte gegeben hat. Vermutet wird eine Annäherung bei den Rahmenbedingungen – die Beibehaltung der bisherigen Grenzziehung, interne Autonomie auf beiden Seiten, mit konsultativen Mechanismen, offene Grenzen, und am Schluss eine symmetrische Ausdünnung der Truppenverbände.

Falls die Explosionen im Freundschaftsexpress das Ziel hatten, die gegenseitige Annäherung zu sabotieren, könnten sie diesmal das Gegenteil bewirken. Zum ersten Mal waren sowohl pakistanische als auch indische Zivilisten Opfer eines mutmaßlichen Attentats. Dies könnte, wie Präsident Musharraf andeutete, zur Feststellung eines gemeinsamen Feindes führen und damit zum Schulterschluss im Kampf gegen den Terror. Die gemeinsame Terrorbekämpfung steht ebenfalls auf der Agenda der bilateralen Zusammenarbeit. Allerdings ist es jenes Traktandum, bei dem bisher am wenigsten Fortschritte erzielt wurden. BY