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Folter wieder salonfähig?

betr.: „Steinmeier-Affäre lichtet sich“, taz vom 17. 2. 07

Geschickt eingefädelt und exzellentes Politmanagement. Im Kern wird nur noch geredet: Wie offiziell/inoffiziell war das Angebot aus den USA, Herrn Kurnaz freizulassen – welch eine elementar bedeutsame Frage, um einen Menschen aus den Händen von Folterknechten zu befreien – dies mit aller Kraft zu versuchen. Offenbar ist medienkonform weitgehend Konsens, dass BND-Mitarbeiter in die Folterkeller steigen – ohne anschließend alles zu versuchen, Menschen zu helfen. „Vielleicht war ja auch ein Rechtsanwalt dabei“ (bei den Folterungen / anschließenden Vernehmungen?)

Steinmeier wird „entlastet“, Schröder, Schily, Fischer – unsere aufrechten Menschenrechtler – alles paletti – daran können wir anknüpfen – unsere „Verbündeten“ foltern – wir profitieren von den Ergebnissen, liefern ihnen die Folteropfer.

Wo bleibt der Aufschrei der sich so fortschrittlich fühlenden 68er, die seit 20 Jahren die Grünen wählen, egal was sie machen? Sind sie zu wütend, schämen sie sich, biegen sie sich wieder mal die Wirklichkeit zurecht? Wie verschieben sich moralische Grundsätze und Anforderungen mit einer sich schrittweise verschiebenden Wirklichkeit, die „plausibel“ erklärt wird. Man lese Sebastian Haffners „Geschichte eines Deutschen“ – und sollte gewarnt sein.

Folter in Deutschland und durch deutsche Politik-Oligarchen wieder salonfähig? Es bleibt bei dem, was Bettina Gaus immer wieder betont: Es ist ein Skandal, dass es kein Skandal ist.

JÜRGEN CRUMMENERL, Rechtsanwalt, Köln

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