„Gegenseitige Ausgrenzung“

GESPRÄCHSRUNDE Wie türkeistämmige Jugendliche in Hemelingen mit Rassismus umgehen

■ 49, ist Vorsitzender des Anatolischen Bildungs- und Beratungszentrum e.V. in Hemelingen und arbeitet als Integrationsberater.

taz: Herr Tuncer, welche Diskriminierungen erfahren türkischstämmige Jugendliche in Hemelingen?

Rahmi Tuncer: Wir legen Wert auf die Bezeichnung „türkeistämmig“, da es viele unterschiedliche Menschen aus der Türkei gibt. In Hemelingen werden Jugendliche mit ausländischem Namen bei der Ausbildungsplatzsuche ausgegrenzt, auch manche Lehrkräfte diskriminieren. Nach der Sarrazin-Debatte berichten Frauen davon, dass sie vermehrt wegen ihres Kopftuches angemacht werden.

Die Debatte hat das verstärkt?

Ja, tatsächlich. Dabei muss die Denkweise aufhören, dass Leute irgendwann in ihr Herkunftsland zurückkehren. Die Jugendlichen sind hier aufgewachsen und werden auch weiterhin hier leben. Wir müssen aufklären, dass Ausländer nicht auf Kosten der Deutschen leben, sondern viele Arbeitsplätze schaffen.

Nun trifft Rassismus ja nicht nur junge TürkInnen.

Leider konnten wir für die Diskussion bislang keine Jugendlichen anderer Herkunft gewinnen. Dabei ist Diskriminierung auch untereinander ein Problem.

Inwiefern?

Unter Jugendlichen kommt es auch gegenseitig zu Ausgrenzungen und Vorurteilen. Soziale Probleme dürfen aber weder von Türken an den Kurden, noch von den Russen an den Arabern ausgelassen werden.

Und Diskriminierung von Amts wegen?

Das wird auch Thema sein. Für die Bürgerschaftswahl wollen wir Jugendliche ermutigen, eine demokratische Partei zu wählen, die auch für MigrantInnen beispielsweise ein kommunales Wahlrecht einfordert.

Interview:JPB

19 Uhr, Bultstraße 1