Überraschend souverän

BADEN-WÜRTTEMBERG Selbst Atomthema bringt Stefan Mappus (CDU) beim TV-Duell nicht aus der Ruhe

STUTTGART taz | Nervös, angespannt, unsicher. So hatten viele Stefan Mappus (CDU) beim TV-Duell am Mittwochabend erwartet. Einen angeschlagenen Ministerpräsidenten, der wegen der Atomdebatte mächtig unter Druck steht. Doch davon war kaum etwas zu spüren. Im Gegenteil: Der Amtsinhaber, der das Stammland Baden-Württemberg für die CDU bei der Landtagswahl am 27. März verteidigen muss, wirkte selbstsicher und souverän. Sein Herausforderer Nils Schmid (SPD) konnte selbst beim Thema Atomkraft nicht ausreichend punkten.

Die Debatte um Atomenergie polarisierte die Zuschauer am stärksten. Kommunikationswissenschaftler Frank Brettschneider konnte dies an seinem Bildschirm in der Uni Hohenheim live beobachten. Denn nebenan saßen 120 Zuschauer, die für eine Live-Analyse des TV-Duells eingeladen waren. Quotiert nach Alter, Geschlecht, politischem Interesse und Parteipräferenz. Während sie die Auseinandersetzung zwischen Mappus und Schmid sahen, konnten sie mithilfe eines Drehknopfs bewerten, wem von beiden sie gerade mehr zustimmen. Jeder Gruppe waren farbige Linien zugeordnet. Deren Ausschläge waren über das Fernsehbild gelegt, so konnte Brettschneider über die jeweilige Meinung live verfolgen. Hatten Linien bei einigen Themen die gleiche Tendenz, gingen sie bei Atom deutlich auseinander.

„Die Öffentlichkeit wird hinters Licht geführt“; „Diese Technologie ist nicht beherrschbar“ – bei solchen Mappus-Sätzen ging die rote Linie (SPD-/Grünen-Anhänger) deutlich nach unten – Zustimmung für Schmid. „Andere Situation“, „neue Erkenntnisse“, „sofort gehandelt“ – die gelbe Linie (schwarz-gelbe Anhänger) ging steil nach oben – Zustimmung für Mappus.

„Schmid war zwar beim Atomthema zwar etwas stärker, aber Mappus konnte seine eigenen Anhänger mobilisieren, das war entscheidend“, sagte Brettschneider nach dem Duell. „Das Thema hat Mappus nicht so stark unter Druck gebracht wie erwartet.“ Dies lag nicht nur an der Stärke von Mappus, sondern auch an der Schwäche von Schmid.

Zwar wirkte er sachlich-souverän wie immer, doch insgesamt war er nicht präsent genug. Seine wenigen Angriffe verpufften. Dabei hätte es eigentlich ein Vorteil für ihn sein können, dass genau das Thema als Erstes diskutiert wird, bei dem er Mappus am ehesten attackieren kann und die meisten Zuschauer inhaltlich auf seiner Seite haben dürfte. Der 37-Jährige musste sich aber erst warmlaufen.

Im Gegenzug war es Mappus, der Rot-Grün angriff und damit deutlich polarisierte. Man dürfe nicht nur den Ausstieg fordern, sondern müsse auch dafür sorgen, dass ausreichend Leitungen gebaut werden und der Strom nicht zu teuer werde. Auch sei Rot-Grün mit dem Moratorium für Gorleben dafür verantwortlich gewesen, dass die Endlagerfrage noch immer ungeklärt sei. Wieder ging die gelbe Linie steil nach oben. Das häufigste Bild an diesem Abend. NADINE MICHEL