Mehr Fläche für Fahrräder!

RADLER HABEN KEINEN PLATZ

Kann man Äpfel mit Birnen vergleichen? Natürlich kann man. Und bringt das was? Kommt ganz drauf an

Kann man Äpfel mit Birnen vergleichen? Natürlich kann man. Und bringt das was? Kommt ganz drauf an.

Nicht Äpfel und Birnen, sondern den Anteil von Verkehrsflächen für Autos und Fahrräder hat die „Agentur für clevere Städte“ verglichen – das Miniunternehmen des Projektmanagers und Verkehrsplaners Heinrich Strößenreuther, der bereits mit der Falschparker-Melde-App „Wegeheld“ von sich reden machte. In seinem Auftrag waren Studierende mit dem Zollstock unterwegs und maßen die Breite von Spuren bzw. Wegen für Kraftfahrzeuge und für Fahrräder – so vorhanden.

Für Berlin lautet das Ergebnis der Studie: Nur 3 Prozent der Wegeflächen gehören den Rädern, dagegen 39 Prozent den fahrenden und 19 Prozent den stehenden Pkws. Ein krasses Missverhältnis, so Strößenreuther und Co. – denn der Anteil der per Rad zurückgelegten Wege liege heute bei 15 Prozent. Gerade mal 33 Prozent würden mit dem Auto bewältigt.

Die Studie fordert deshalb den Senat auf, die für Fahrräder reservierte Verkehrsfläche um 600 Prozent auszuweiten – entsprechend dem von der Landesregierung selbst postulierten 20-prozentigen Anteil des Radverkehrs bis 2025.

Es ist freilich eine ziemlich unterkomplexe Methode, Verkehrs- und Flächenanteil einfach gleichzusetzen. Das Fahrrad ist ja für die Stadt unter anderem deshalb so geeignet, weil es so viel weniger Raum verbraucht. Und sind „Wege“ immer gleich „Wege“? Für solche Fragen interessiert sich die Studie eher wenig, und manche der geäußerten Ideen – wie die, flächendeckend Tempo 20 einzuführen, weil langsam fahrende Autos weniger Abstand benötigen und ergo weniger Platz brauchen – sind, nun ja, etwas fundamentalistisch.

Trotzdem ist der Parameter Fläche nicht unerheblich, und dass hier in Berlin ein Missverhältnis herrscht, das macht die Untersuchung deutlich. Besonders interessant ist die Überlegung, wie viel kostbarer Bewegungsraum dadurch verloren geht, dass die ganze Stadt ein großer Parkplatz ist und nicht wenige Autobesitzer ihren Blechliebling ziemlich selten bewegen. Hier besteht tatsächlich ein interessantes Potenzial.

Absolut prioritär aber ist – das haben mehrere schwere Fahrradunfälle in den vergangenen Tagen wieder gezeigt – die Verbesserung der Abbiegesituation für Radfahrer. Die Extrafläche, die man hier braucht, liegt im Promillebereich, ist die Investition aber mehr als wert – lebenswert, sozusagen. CLAUDIUS PRÖSSER