Das Gegenteil von Barça

MÜNCHEN Die abwehrschwachen Bayern kommen nur dank der individuellen Klasse von Ribéry zu einem 2:1-Sieg in Freiburg. Das Team von Trainer van Gaal agiert wieder einmal taktisch unausgegoren

FREIBURG taz | Die Frage hatte eigentlich nichts mit dem Spielverlauf zu tun. Ob er in der Champions League nun dem FC Barcelona oder Real Madrid die Daumen drücke, wollte ein Fernsehmann von Louis van Gaal wissen. Der Bayern-Coach schaute irritiert, witterte dann aber die Chance, eine Botschaft in eigener Sache zu transportieren. Für die Katalanen sei er. Selbstverständlich: „Barcelona spielt aggressiv und angreifend. Und das tut Bayern München auch.“

Keine Frage, da kämpfte jemand um seinen Platz in den Geschichtsbüchern. Ein Fußballlehrer, der der einstigen Effizienzmaschine das Fußballspielen beigebracht hat. Aber eben auch einer, der sich standhaft weigert, den Konstruktionsfehler im Bayern-Spiel zu beheben, dessen Langlebigkeit ihn letztlich den Job gekostet hat. Wie man gegen den FC Bayern spielen muss, hat sich längst herumgesprochen. Wer es noch nicht gehört hat, sieht es an jedem Spieltag von Neuem. Im Gegensatz zum FC Barcelona hat der von ihm betreute FC Bayern keinerlei Defensivkonzept.

Auch am Samstagnachmittag liefen die gefährlichsten der vielen Freiburger Angriffe über die linke Münchner Abwehrseite. Dort ließ SC-Trainer Robin Dutt durch die Hereinnahme des flinken Daniel Caligiuri zusätzlich Druck auf den schwachen Danijel Pranjic ausüben. Dutt ist weiß Gott nicht der einzige Coach, der gegen die Bayern zu dieser Maßnahme greift – van Gaal zieht daraus dennoch keine Schlüsse. Deshalb gerät in schöner Regelmäßigkeit auch die Innenverteidigung unter Druck. Der SC konnte sich jedenfalls gleich mehrfach bis in den Fünfmeterraum der Bayern kombinieren. Nach dem frühen Führungstor durch Mario Gomez (9.) erzielte Papiss Cissé auch schnell den Ausgleich (17.) und hätte auch abzüglich eines verschossenen Elfers (Cissé, 14.) genügend Chancen gehabt, um deutlich in Führung zu gehen. „Wir haben in der ersten Halbzeit jegliche Aggressivität vermissen lassen“, fand Kapitän Philipp Lahm, „und haben jeden Zweikampf verloren.“

Tatsächlich wussten die Zuschauer zur Halbzeit nicht so recht, worüber sie sich mehr wundern sollten. Über die hochklassige Leistung des zuletzt eher mittelprächtigen SC. Oder über diese Bayern, die erfolglos auf der Suche nach so etwas wie einem Spielaufbau blieben. Kroos oder Ribéry tauchten völlig ab, und im Abwehrzentrum irrlichterte Gustavo. Die SC-Fans, die nach dem Führungstor der Bayern still geworden waren, stimmten jetzt Schmähgesänge an: „Ihr spielt Champions League die ganze Nacht. Auf PS3, von zwölf bis acht.“

Im zweiten Durchgang hatten die Bayern das Spiel dann zumindest unter Kontrolle. Und sie lauerten auf das Element im eigenen Spiel, das eine Mannschaft von der individuellen Qualität des Rekordmeisters zuweilen abrufen kann. „Wohl dem“, stöhnte SC-Coach Robin Dutt, „der einen Franck Ribéry in seinen Reihen hat. Es gibt nicht viele Spieler, die kurz vor Schluss so ein Ding rausholen.“ CHRISTOPH RUF