Suche nach dem Weg aus Libanons Krise

Während tausende von Hisbollah-Anhängern vor Regierungs- und Parlamentsgebäude gegen Libanons Regierung zelten und demonstrieren, sichert Bundesaußenminister Steinmeier im Namen der Demokratie Premierminister Siniora Unterstützung zu

AUS BEIRUT MARKUS BICKEL

Keine 24 Stunden nach Beginn eines unbefristeten Sit-outs von Regierungsgegnern haben der deutsche Außenminister Frank Walter Steinmeier und seine britische Kollegin Margaret Becket Libanons Premierminister Fuad Siniora bei Besuchen in Beirut den Rücken gestärkt. „Diese Regierung ist vom libanesischen Volk gewählt worden und verfügt über verfassungsgemäße Autorität“, sagte Becket, die am Samstag nur kurz vor Steinmeier mit Siniora und Libanons Interimsaußenminister Tarik Mitri zusammenkam. Auch Steinmeier hob hervor, dass das Kabinett „im Parlament über eine Mehrheit“ verfüge. Wer Demokratie erhalten wolle, dürfe nicht zulassen, dass diese Regierung „von der Straße in Frage gestellt wird“.

Im Anschluss an eine Demonstration von bis zu einer Million Anhängern der schiitischen Hisbollah und der katholisch-maronitischen Freien Patriotischen Bewegung (FPM) am Freitag hatten Teilnehmer in unmittelbarer Nähe zum Parlament und zum Regierungssitz Sinioras Zelte aufgeschlagen. Am Sonntag waren dort noch immer Tausende versammelt. Die von Hisbollah-Generalsekretär Hassan Nasrallah und dem FPM-Vorsitzenden Michel Aoun initiierten Proteste zielen auf den Sturz der von ihnen als prowestlich gebrandmarkten Regierung ab.

Hintergrund der von langer Hand geplanten, nach dem Mord an Industrieminister Pierre Gemayel Mitte November zunächst verschobenen Proteste ist die Weigerung Sinioras, FPM und Hisbollah eine Sperrminorität im Kabinett zuzugestehen. Mehrtägige Beratungen zwischen den Regierungskritikern und Sinioras engsten Verbündeten, darunter der Führer der Parlamentsmehrheit, Saad Hariri, sowie der drusische Vorsitzende der Sozialistischen Fortschrittspartei, Walid Dschumblatt, waren kurz vor dem Attentat auf Gemayel gescheitert. Die Hisbollah zog ihre Minister ebenso aus dem Kabinett zurück wie die schiitische Amal von Parlamentspräsident Nabih Berri und ein Gefolgsmann des prosyrischen Präsidenten Emile Lahoud.

Am Wochenende forderte Siniora Berri zu einer Rückkehr an den Verhandlungstisch auf. Auch Beckett und Steinmeier plädierten für die Wiederaufnahme des Dialogs zwischen Opposition und Regierung. Doch dazu scheinen die Positionen derzeit zu unversöhnlich: Während Demonstrierende die Regierung in Anspielung auf den US-Botschafter in Beirut als „Kabinett Feltman“ beschimpften, werfen Siniora und seine Verbündeten ihren Kritikern vor, als Handlager Syriens und des Iran zu agieren. Die Hisbollah wird seit ihrer Gründung in den 1980er-Jahren finanziell aus Teheran unterstützt. Über syrisches Territorium werden die Waffentransporte an ihre Milizen abgewickelt.

Eine Klärung der innerlibanesischen Krise lässt sich deshalb kaum ohne Mitwirken von Syriens Präsidenten Bashar al-Assad erzielen. Aus diesem Grund wollte Außenminister Steinmeier an diesem Montag mit dem erst 40-Jährigen zusammentreffen. Bereits während des Libanonkriegs im August war ein Treffen in Damaskus vereinbart gewesen, was Steinmeier wegen einer Hisbollah-freundlichen Rede Assads jedoch kurzfristig absagte. In diplomatischen Kreisen hieß es, dass Steinmeier noch vor Beginn der deutschen EU-Ratspräsidentschaft auf das Treffen gedrängt habe, weil er ab Januar französische Widerstände gegen eine Einbindung Syriens erwarte.