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MARTIN UNFRIED über ÖKOSEXMaybrit Illner hilflos ohne Super-BH

„Berlin Mitte“ ist eine gute Sendung. Nur dann nicht, wenn über Energie geredet wird – ohne Energieexperten

Maybrit Illner ist eine brillante Journalistin. Ich liebe sie und Ihre ZDF-Sendung. Sie ist immer tipptopp vorbereitet, wenn sie ihre handverlesenen Gäste intelligent, präzise und gutinformiert in die Mangel nimmt.

„Ach, du Scheiße!“, dachte ich jedoch letzte Woche, als ich die Diskutanten zum Thema Elektrizitätsversorgung sehen musste. Wieder waren nämlich wir taz-Effizienzrevolutionäre nicht eingeladen. Wie soll man da auf hohem Niveau über eine mögliche Energiewende diskutieren?

Frau Illner fragte dennoch bissig, was wir gegen unverschämt hohe Strompreise tun könnten. Im Publikum saß Claus Martin Richter, der als Stromrebell bezeichnet wurde. Er bezahlt nämlich die Erhöhung seiner Stromrechnung nicht. Was ja solide ist. Aber ein Stromrebell? Der mündige Rebell sagt „Arschgeigen“ und wechselt einfach zu einem sympathischeren Unternehmen – oder er gründet ein eigenes. Klares Versagen der „Berlin-Mitte“-Redaktion: Die echten Stromrebellen waren nicht eingeladen. Das sind bekanntlich die Leute vom Elektrizitätswerk in Schönau (www.ews-schoenau.de). Die hätten Illner und ihrem Publikum erzählen können, wie man aus der Umklammerung von großen Energiekonzernen kommt: eigenes Netz betreiben und Strom selber machen.

So saß Maybritt Illner also ohne Experten da und musste Sendezeit füllen.

Auch der freundliche Sigmar Gabriel konnte nicht weiterhelfen. „Effizienz!“, rief er und „mehr Wettbewerb!“ Doch der Mann ist ja selbst noch gar kein solarer Effizienzrevolutionär. Hat er eine Photovoltaikanlage auf dem privaten Dach? Ich behaupte: Nein! (1) Hat er bereits eine www.sunmachine.com, also ein kleines Holzpelletskraftwerk im Keller? Niemals! (2) Also: kein echter Experte. Und dann saß da auch noch Utz Claassen, der Chef von EnBW und Sponsor des VfB Stuttgart (siehe Ökosex vom 3. November). Claassen erzählte sinngemäß, dass sein Atom- und Kohlestromkonzern eine Klimaschutzorganisation sei. Der EnBW gehe es um das Wohl des Netzes und um fairen Zugang aller Marktteilnehmer.

Da mussten sogar meine Kinder lachen. Mit Verlaub: Jemand, der nicht einmal die Geschäfte seines eigenen Unternehmen kennt, ist kein Experte für zukünftige Stromversorgung! Was Claassen aber insbesondere zum Experten fehlt: Er hat privat keine Photovoltaikanlage auf dem Dach (3). Wie sollte Claassen somit der Frau Illner die fantastische Zukunft ohne Atom mit selbstgemachtem Strom in dezentralen Mikrokraftwerken ausmalen können?

In die expertenfreie Unterhaltung hinein sagte dann Frau Professorin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, wir bräuchten eine europäische Regulierungsbehörde im Energiesektor. Um die Marktstrukturen aufzubrechen. Das war dann doch mal eine Aussage. Frau Kemferts Problem: Sie macht Ihren Strom nicht selber, da sie kein Rapsöl betriebenes Miniblockheizkraftwerk im Keller hat (4), darum weiß sie wenig von der psychologisch-kulturellen Seite der Energiefrage. Und da kumulieren die Probleme: Maybrit Illner hat ja auch kein rapsölbetriebenes Blockheizkraftwerk im Keller (5).

Ohne eigenes BHKW und ohne Photovoltaikanlage (PV) auf dem eigenen Dach fiel ihr die eine, kleine, entscheidende Frage nicht ein:Warum machen wir daheim unseren Strom nicht einfach selber? Genau diese nicht gestellte Frage hätte ich jederzeit beantworten können: Weil BHKW und PV so unsexy klingt. Deshalb habe ich auch in der Überschrift das KW weggelassen. BH: das klingt mehr nach Ökosex! Und nächstes Mal korrigiere ich alle widerlegten Behauptungen und erkläre, dass Umweltminister Gabriel doch ein solarer Effizienzrevolutionär ist und wie er mit Thomas Gottschalk die Stromerzeugung in Deutschland revolutionieren wird: mit einem rapsölbetriebenen Super-BH im Keller und Ökosex auf dem Dach.

(1) bis (5): Behauptungen, die ich zu widerlegen bitte.

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Widerlegte Behauptung? kolumne@taz.de Montag: David Denk ist GONZO i. V.

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