kein kommentar!: Der Drama-King
Sexy! Hot! Progressive! Einfach super! Super! Super! ProSieben zeigt die zweite Staffel von „Germany’s Next Topmodel“ mit Bruce Darnell
Dies ist kein Text über Heidi Klum. Klum ist nett, aber sprechende Roboter sind auch nett, jedenfalls in diesen amerikanischen Filmen, die manchmal im Nachmittagsprogramm von Kabel 1 laufen. Dies ist auch kein Text über Lena Gercke. Von der hat man ein Weilchen nichts gehört. Im Modelbusiness ist das wahrscheinlich ein Zeichen dafür, dass man gut im Geschäft ist. Da hat man abends natürlich keine Lust mehr, bei „tv total“ rumzusitzen, vor allem wenn man es schon zweimal aufs Cover der international angesehenen Modezeitschrift TV Spielfilm geschafft hat.
Bruce Darnell sitzt öfter mal bei „tv total“ herum. Eigentlich hat er auch keine andere Wahl. Als Jurymitglied bei „Germany’s Next Topmodel“ war der 49-Jährige im vergangenen Jahr so ziemlich der Einzige, der mal ein bisschen „Drama“ in die Show brachte, während Klum sich Fruchtgummis zwischen die Zehen stopfte und mit den Kandidatinnen per Briefbotschaft kommunizierte. Vermutlich ist Darnell auch ein guter Modeltrainer, aber seine Bekanntheit in Deutschland beruht eher darauf, wochenlang von Stefan Raab durch den Kakao gezogen worden zu sein. Weil er ziemlich tuckig rüberkommt, ein lustiges Denglisch spricht und in Schuhen mit Wolkenkratzerabsätzen einen Hüftschwung hinbekommt, der so manches Model neidisch werden lässt.
Eigentlich ist Darnell im wahrsten Sinne des Wortes ein Running Gag. Das Interessante daran ist, dass das weder ihm noch seinen „Fans“ etwas auszumachen scheint. Vielmehr noch: Die meisten können das gar nicht mehr unterscheiden. Das ist quasi der Verona-Pooth-Effekt: Die wurde ja auch bloß bekannt, weil sich alle über sie lustig machten, bis Pooth das zum Geschäftsmodell ausbaute.
„Sexy! Hot! Progressive! Direkt zu de Punkt! Die sind alle verdammt heiß! Ich liebe euch! Super heiß! Einfach super!“, hat Darnell die Kandidatinnen im vergangenen Jahr bei „Germany’s Next Topmodel“ angefeuert, und zwar in derart dramatischem Tonfall, dass Raab nachher spottete: „Ich habe bloß noch darauf gewartet, dass er sagt: Mister Gorbatschow, tear down this wall“. Darnell saß als Gast daneben und hat mitgelacht. „Bruce Baby“, wie Klum den Kollegen nennt, ist der eigentliche Star der Modelsuche, und während das Skandälchen in der Boulevardpresse um die Kandidatinnen, die bei ProSieben angeblich nix zu futtern kriegten, längst vergessen war, trat Darnell nachher bei „Lotta in Love“ auf, war bei der „Wok WM“ dabei und bei allen größeren Medienpartys.
Auf seiner Website gibt es T-Shirts zu kaufen, auf denen „Das ist der Wahrheit“ steht (100 Prozent Baumwolle, figurbetonter Schnitt). Es läuft gut für ihn. Und vielleicht ist das ja inzwischen auch der einfachste Weg, im deutschen Fernsehen Karriere zu machen: als Karikatur seiner selbst. PEER SCHADER FOTO: Pro7
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