UNO im Sudan in Bedrängnis

Angriffe in Khartum befürchtet. Auch Tschad will jetzt keine UN-Blauhelme mehr

BERLIN taz ■ Nachdem der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs Kriegsverbrecherprozesse gegen zwei führende sudanesische Offizielle wegen des Krieges in Darfur beantragt hatte, fürchtet die UNO in Sudans Hauptstadt Khartum um ihre Sicherheit. Der UN-Sonderbeauftragte Taye-Brook Zerihoun bestätigte, den UN-Mitarbeitern in Khartum seien Sicherheitswarnungen zugegangen. „Der Strafgerichtshof wird als Teil des UN-Systems wahrgenommen“, sagte er.

Mit möglichen Protesten gegen die UNO werde erst nach den heutigen Freitagsgebeten gerechnet, sagte ein ausländischer Beobachter in Khartum der taz. „Im Moment ist die Stadt voll von Antiaufstandspolizei“, hieß es. Dies hänge vor allem mit dem gestern beendeten Staatsbesuch des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad zusammen.

Sudan und Iran können sich gegenseitig Rückendeckung gegen die UNO geben. Die beiden Präsidenten betonten gestern ihren „Schulterschluss“ und verkündeten eine verstärkte Zusammenarbeit in den Bereichen Energie und Militär.

UN-Lageberichte aus Darfur melden seit einigen Tagen auch verschärfte Angriffe auf und Reisebeschränkungen für UN-Mitarbeiter in der Kriegsregion. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon konstatierte am Mittwoch vor dem UN-Sicherheitsrat zunehmende Angriffe auf Hilfswerke und einen „steilen Rückgang“ des Zugangs humanitärer Helfer zur Bevölkerung. Er forderte Sudans Regierung auf, die Luftangriffe einzustellen, „die seit dem 19. Januar auf weitere Gebiete ausgedehnt worden sind“.

Noch einen Dämpfer erhielt die UNO vom Nachbarland Tschad, dessen Regierung am Mittwoch ihre Zustimmung zur Stationierung von UN-Blauhelmen an der tschadisch-sudanesischen Grenze zurückzog. Man sei höchstens mit „zivilen Kräften aus Gendarmen und Polizisten zum Schutz sudanesischer Flüchtlingslager“ einverstanden, nicht mit Truppen zur Grenzüberwachung, hieß es in einer offiziellen Erklärung.

Eigentlich sollte der UN-Sicherheitsrat demnächst eine von Frankreich und Ghana erarbeitete Resolution zur Entsendung von bis zu 11.000 Blauhelmen in die Grenzregionen Tschads und der Zentralafrikanischen Republik zum Sudan verabschieden. Tschads Rückzieher hat vermutlich mit Bedenken seitens der Darfur-Rebellen zu tun, die sich bei einer internationalen Grenzüberwachung nicht mehr so leicht zwischen ihren tschadischen Rückzugsgebieten und Darfur bewegen können. Die Darfur-Rebellen stützen im Tschad Präsident Idriss Déby gegen tschadische Rebellen, die ihrerseits von Sudans Regierung unterstützt werden, und Déby kann es sich mit ihnen daher nicht verderben. Nach tschadischen Berichten führte Khalil Ibrahim, Chef der Darfur-Rebellenbewegung JEM (Bewegung für Gerechtigkeit und Gleichheit), kürzlich mit seiner Militärspitze in Ndjamena Gespräche darüber mit Déby. Die beiden sollen dann gemeinsam nach Libyen gereist sein, wo dieser Tage neue Darfur-Friedensverhandlungen beginnen sollen. DOMINIC JOHNSON