Biblis A muss vom Netz

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) entscheidet: RWE-Konzern darf den ältesten Atommeiler Deutschlands nicht länger laufen lassen

AUS FRANKFURT/M. KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

AKW Biblis Block A – es ist der älteste Atommeiler der Republik. Seit der Inbetriebnahme des Reaktorblocks 1974 gab es mehr als 700 Pannen und Betriebsstörungen. Das haben die Grünen im Hessischen Landtag nachgerechnet. 25 Jahre Lebensdauer sagten Experten dem Atomkraftwerk voraus. Die Reaktoren sind nun schon 8 Jahre länger am Netz. Der Betreiber, RWE Power, will den betagten Meiler aber noch länger laufen lassen – und hat den Antrag längst gestellt. Doch nun hat Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) diesen abgelehnt.

Nach dem Atomkonsens, den die ehemalige Bundesregierung mit Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und die deutsche Atomindustrie beschlossen haben, soll Biblis A im Jahr 2008 stillgelegt werden. Der RWE-Konzern und die Hessische Landesregierung unter Ministerpräsident Roland Koch (CDU) versuchen den alten Reaktor wenigstens noch bis 2011 am Netz zu behalten – mit einem Trick: Im September 2006 beantragte RWE, dass die Reststrommengen des AKWs Mülheim-Kärlich in Rheinland-Pfalz auf den hessischen Meiler übertragen werden. Mülheim-Kärlich ist längst stillgelegt. Das AKW war nur im Probebetrieb gelaufen.

Schon vor Monatsfrist hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erklärt, dass der Atomkonsens Bestandteil des Koalitionsvertrages ihrer Partei mit der SPD sei. Und sie habe nicht vor, daran etwas zu ändern. Nun hat Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) dem Bundeswirtschaftsministerium schriftlich mitgeteilt, dass er dem Antrag von RWE auf Laufzeitverlängerung von Biblis Block A eine Absage erteilen will. Das bestätigten gestern Koalitionskreise.

Der Bescheid soll RWE in der nächsten Woche zugestellt werden. Gabriels Sprecher Michael Schroeren wollte gestern allerdings nicht mehr sagen, als dass eine „Entscheidung gefällt worden“ sei. Die SPD im Hessischen Landtag feierte aber schon mal die Absage an den RWE-Konzern. Die Entscheidung sei aufgrund der „Vertrags- und Gesetzeslage zu erwarten gewesen“, sagte die Landespartei- und Fraktionsvorsitzende Andrea Ypsilanti. Die CDU solle jetzt auch in Hessen nicht länger der „zukunftsfeindlichen Atomtechnik“ hinterherlaufen. Die Atomkraft sei nicht notwendig, um den Ausstoß des klimaschädigenden Kohlendioxids zu mindern, meint Ypsilanti – „Das Argument ist längst widerlegt.“

Der hessische Umweltminister Wilhelm Dietzel (CDU) forderte den Bundesumweltminister dagegen auf, sich „nicht dem parteipolitischen Druck zu beugen, sondern mit sachlichen Argumenten eine Entscheidung zu treffen“. Für die Laufzeiten könne nicht das Alter der Kernkraftwerke ausschlaggebend sein, sondern „nur deren sicherheitstechnischer Zustand“. In die Sicherheit von Biblis A seien in den letzten 8 Jahren schließlich 500 Millionen Euro investiert worden. Dass die Pannenserie in Block A bis heute dennoch nie abriss – das sagte Dietzel nicht.