Ein Drittel aller Tierarten ist bedroht

In einem weiteren Papier warnt der Klimarat der Vereinten Nationen eindringlich: Folgen der Erderwärmung sind weltweit erkennbar

FREIBURG taz ■ Der Klimawandel hat längst Dimensionen erreicht, die allenthalben spürbar sind. Das bestätigt der UN-Klimareport in einem zweiten, noch unveröffentlichten Teil, dessen Zusammenfassung der taz im Entwurf vorliegt. Anfang April soll der Bericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC) der Vereinten Nationen mit Regierungsvertretern aus aller Welt abgestimmt und danach offiziell vorgestellt werden.

Die Wissenschaftler hatten für den Bericht die weltweit vorliegenden Studien über Veränderungen physikalischer und biologischer Systeme zusammengetragen – zum Beispiel über Modifikationen des globalen Wasserkreislaufs und der Eisregionen sowie über die Entwicklung von Flora und Fauna. Insgesamt 30.000 Datenreihen flossen in die Auswertungen ein.

Das Ergebnis dieser Zusammenschau ist deutlich: 85 Prozent aller Datenreihen der vergangenen 20 Jahren zeigen signifikant einen genau solchen Trend, wie man ihn infolge steigender globaler Temperaturen erwartet. So nehmen zum Beispiel durch Schmelzwasser die Zahl und die Größe der Gletscherseen zu, Dauerfrostböden weichen auf, Gesteinslawinen werden häufiger. Flüsse, Seen und Meere erwärmen sich stetig, die Bäume blühen immer früher im Jahr, Pflanzen und Tiere verlagern ihre Lebensbereiche in höhere Breiten und in steigende Höhenlagen, und Vögel verändern ihr Zugverhalten.

Deutlich wird damit, dass es seriöse Zweifel am vom Menschen verursachten Klimawandel nicht mehr geben kann. Stellungnahmen aus Politik und Wissenschaft waren gestern zu dem neuen UN-Report jedoch noch nicht zu bekommen. So verwies etwa das Umweltbundesamt darauf, dass das Papier offiziell noch nicht verabschiedet ist.

Während Zyniker bereits die Perspektive verbreiten, Deutschland könnte in Zukunft deutlich mediterraner werden, dokumentiert der Bericht auch, dass mit den Folgen eines fortschreitenden Klimawandels nicht zu spaßen sein wird. Die Hochwassergefahr steigt in ganz Europa durch raschere Schneeschmelze und extremere Starkregenfälle. Zugleich werden Hitzeperioden zunehmen und damit vor allem in Südeuropa die Waldbrände. Immer größere Regionen werden zudem immer häufiger mit Trinkwasserproblemen zu kämpfen haben.

Die ohnehin armen Länder dürften diejenigen sein, die am meisten unter dem Klimawandel leiden werden. Vor allem in den außertropischen Gebieten Afrikas wird Wasser noch knapper. Zugleich wird die Versorgung mit Fisch aus den Meeren immer schwieriger, weil durch die Abnahme der Korallenriffe aufgrund der Meeresversauerung und durch den Rückgang der Mangrovensümpfe aufgrund des Meeresspiegelanstiegs die Fischpopulationen kleiner werden. Insgesamt prognostizieren die Experten, dass bis zu 30 Prozent aller Tierarten aussterben, sollte die globale Mitteltemperatur um weitere 1,5 bis 2,5 Grad Celsius im Vergleich zu 1990 steigen. Schon vom Jahr 2050 an könnte es so weit sein.

Nach der Zusammenfassung der vielfältigen wissenschaftlichen Untersuchungen endet der Bericht mit einer eindeutigen Mahnung an die Staatengemeinschaft, dass Anpassung allein vor den Folgen des Klimawandels nicht schützen kann. Ebenso wichtig sei der Klimaschutz. Nur so könnten die Erwärmung und die damit verbundenen Veränderungen in einem Rahmen gehalten werden, der Anpassung überhaupt noch ermöglicht.

Das griff Greenpeace gestern bereits auf und forderte, Deutschland müsse seine CO2-Emissionen bis 2020 um 40 Prozent senken. „Das wäre ein deutliches Signal für alle anderen EU-Staaten“, sagte Greenpeace-Energieexperte Jörg Feddern. Diese müssten sich dann zu einer Reduktion von 30 Prozent im gleichen Zeitraum verpflichten. „Diese verbindlichen Ziele Deutschlands und der EU sind ein wichtiges Signal an den G-8-Gipfel im Juni“, sagte Feddern. Angela Merkel müsse dieses Treffen „zum Klimakrisengipfel machen“.

BERNWARD JANZING