„Altlast der Nazis“

VORTRAG Die Bürgerinitiative Tanklager Farge informiert über die NS-Vergangenheit der Anlage

■ 51, ist Ingenieur der Hüttenkunde und stellvertretener Vorsitzender der Bürgerinitiative „Tanklager Farge“.

taz: Herr Rehnisch, seit Monaten ist die Umweltkatastrophe um das Tanklager Farge im Gespräch. Was haben die Nazis damit zu tun?

Olaf Rehnisch: In Farge liegt das größte unterirdische Tanklager Deutschlands – vielleicht der ganzen Welt. Die 316 Hektar große Anlage wurde nach dem zweiten Weltkrieg von Bundeswehr und US-Armee genutzt – auch für den Betrieb der Luftbrücke nach Westberlin. Es ist aber eine Altlast der Nazis: Gebaut wurde ab 1936.

Waren das bereits Kriegsvorbereitungen?

Eine ziviler Zweck ist jedenfalls nur schwer vorstellbar. Die Anlage war im Verbund mit anderen geplant – alle mit ausreichendem Abstand zu den Staatsgrenzen, damit feindliche Flieger sie nicht leicht angreifen konnten. Sie lagen in dünn besiedeltem Gebiet, waren aber trotzdem an die Infrastruktur angebunden. Außerdem unterlag der Bau strengster Geheimhaltung.

Wie lässt sich so ein großes Gebiet geheim erschließen?

Man darf nicht vergessen, dass die Heide damals kaum besiedelt war. Die Zäune drumherum wurden von der SS bewacht. Bei den Zügen, die das Lager beliefert haben, wurden sogar Lokwechsel vorgenommen, damit die Lokführer der Reichsbahn nicht mitbekamen, was da vor sich ging.

Die militärische Geheimhaltung blieb bestehen. Wie kommen Sie an Ihre Informationen?

Wir haben größtenteils öffentliche Quellen ausgewertet. Wegen der Verseuchung des Grundwassers wurden mittlerweile viele Untersuchungen durchgeführt. Die Umweltkatastrophe war unser Ausgangspunkt – der NS-Zusammenhang hat sich erst mit der Zeit herauskristallisiert.

Geht es heute Abend auch um diese Umweltproblematik?

Ich erkläre den Bau und weise auch auf die Gefährdungspotenziale hin. Heute ist die ehemals abgelegene Region ein Wohngebiet. So führt beispielsweise eine Pipeline des Lagers direkt unter dem Grundstück eines Kindergartens hindurch. Besonders am Herzen liegt mir die Gefährdung des Trinkwassers durch die Belastung des Grundwassers mit Schadstoffen. Einige Tiefbrunnen der SWB liegen in der Nähe maroder Tanks und versorgen den gesamten Bremer Norden mit Trinkwasser. Weiterhin stelle ich die Arbeit unserer Bürgerinitiative vor: Wir versuchen schon lange, die Sanierung voranzutreiben. Hier in Blumenthal ist das ja ein zentrales Thema – leider interessiert sich in Bremen-Stadt bisher kaum jemand dafür.  INTERVIEW: JPK

19.30 Uhr, Alte Bücherei, Landrat-Christians-Str. 109, Blumenthal