LESERINNENBRIEFE
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Verantwortliche Politik

■ betr.: „Zivilisten schützen, mehr nicht“, taz vom 16. 8. 14

Kristin Helberg zeigt, wie eine verantwortliche Politik in Syrien und Irak aussehen könnte. Dass die USA das angerichtet haben, was gegenwärtig geschieht, stimmt. Aber die europäische Politik weiß seit Jahrzehnten, dass sie selbst internationale Verantwortung wahrnehmen muss. Aber sie versteckt sich nach wie vor hinter den USA und folgt nur nationalen Interessen und Befindlichkeiten und verspielt jeglichen Respekt vor europäischen Werten, von denen sie so gerne redet und die so schändlich wenig bedeuten. Wir haben ein großes Personal in den Ministerien und in den Geheimdiensten, aber wofür, wenn uns Politiker nur erklären, sie könnten nichts tun, weil man nicht wisse, wen man unterstützt. Wir können auch nicht warten, bis es eine UNO gibt, die ihre Aufgabe als Weltpolizei wahrnehmen kann. Diese Aufgabe hatten mit verheerenden Ergebnissen die USA für sich usurpiert. Es wird Zeit, dass Europa, sich auf eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik verständigt, die diesem UNO-Ziel dient. BURKHART BRAUNBEHRENS, Ebertsheim

Interessegeleitete Wortungeheuer

■ betr.: Sprachradikalisierung

Geht’s noch? Im Irak kämpfen seit Wochen die „islamistischen Terroristen“, in Gaza die „radikalislamistische Hamas“, in der Türkei wurde soeben ein „islamistisch konservativer“ Präsident gewählt und in der Ostukraine kämpfen die „prorussischen Rebellen“, für die es auch nur eine Frage der Zeit ist, bis sie zu „radikalmilitaristischen Putin-Terroristen“ – mutiert sind. Wo bleiben das (Nach-)Denken und die Argumentation? Statt politischer Information und Argumentation interessegeleitete Wortungeheuer der Mainstream-Medien, die der Kriegsführung respektive Kriegsvorbereitung dienen, statt zur Konfliktlösung beizutragen. Kann die taz nicht mehr anders oder fehlt die politische und journalistische Courage? Ich wünsche mir in der taz mehr Geist! R. SCHÄFER, Hilden

Durchdachter Pazifismus

■ betr.: „Radikaler Pazifismus“, taz vom 15. 8. 14

Rupert Neudeck nehme ich seinen Pazifismus nicht nur als durchfühlt, sondern auch als durchdacht ab. Die Vorstellung einer Weltpolizei der UNO könnte die Nationalstaatlichkeit des 19. und 20. Jahrhunderts ablösen. Die Vorstellung sagt mir sehr zu, jedoch muss man das Bedürfnis der Menschen nach (überschaubarer) Identität berücksichtigen. Viele politische Ideen sind schon an der Nichterfüllung gescheitert. Und damit stellt sich entsprechend die Frage nach praktikablen Systemgrößen. Nicht nur die USA haben eine dezentrale Polizeiorganisation zusätzlich zur Bundespolizei FBI. Mit nur einer Blauhelmweltarmee wird das Problem des Friedens und der Menschenrechte nicht zu lösen sein. Das hieße eine internationale Europapolizei bei der OSZE zum Beispiel. Demgemäß auch in anderen geografischen Zusammenhängen. ANDREAS SCHÄFER, Solingen

Ein richtiger Beschluss, kein PR-Gag

■ betr.: „Snowden ehren, Snowden verraten“, taz vom 16. 8. 14

Ihre Meldung stellt die Pressemitteilung der „Kritischen Universität“, in der unter dem Pseudonym Frank Schmidt Anschuldigungen gegen die Universität Rostock erhoben werden, weil eine Firma ehemaliger Studierender angeblich Spähsoftware für die Bundeswehr entwickelte, in einen kausalen Zusammenhang mit dem von mir mit initiierten Beschluss der Philosophischen Fakultät (PHF) der Universität Rostock, Edward Snowden die Ehrendoktorwürde zu verleihen.

Die PHF ist weder für die Geschäftsbeziehungen anderer Fakultäten verantwortlich, noch ist ihr Beschluss eine Entscheidung der gesamten Universität, wie die Beanstandung durch den Rektor belegt. An einer Universität versammeln sich sehr unterschiedliche, oftmals miteinander unvereinbare wissenschaftliche Praktiken, Positionen und Stimmen. Unsere Entscheidung über die Verleihung der Ehrendoktorwürde ist kein „PR-Gag“, wie Sie schreiben, sondern das Resultat eines seriösen geisteswissenschaftlichen Prüfverfahrens unter Beteiligung prominenter Gutachter. Die Entscheidung der Fakultät kann lediglich in formaljuristischer Hinsicht von der Universitätsleitung beanstandet werden; ihre inhaltliche Richtigkeit wird mit jedem Tag evidenter.

Es wäre begrüßenswert, wenn Snowdens Warnung vor den Folgen ungehemmter und anlassloser Überwachung ganzer Bevölkerungen nicht nur von den Humanisten, sondern auch von den Entwicklern von Überwachungstechnologien beherzigt würde – innerhalb und außerhalb von Universitäten. Die Geisteswissenschaften sind jedoch kein Reparaturservice für die Verfehlungen wildgewordener Geheimdienste. GESA MACKENTHUN, Brodhagen

Keine Pflanze wächst ohne Tier

■ betr.: „Gurke ohne Tier“, taz vom 11. 8. 14

Keine Pflanze wächst ohne Tiere: In einem Quadratmeter Boden sind mindestens 325 Gramm davon (unter anderem Regenwürmer). Ohne Stickstoff kein Eiweiß. Soll das nicht mit Unmengen fossiler Rohstoffe gewonnen werden, ist Gründüngung das Mittel der Wahl. Es braucht Tiere, um den oberirdischen Teil von Luzerne, Klee und Co. zu nutzen. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen erstaunliche Gemeinsamkeiten zwischen Tieren und Pflanzen, auch was Empfindsamkeit, Lernfähigkeit und Kommunikation angeht.

HANJÖRG BAHMANN, Coesfeld