Armee erobert Bezirk in Lugansk

UKRAINE Tote und Verletzte bei Gefechten im Osten. Regierung will Internet zensieren. Kanzlerin Merkel am Samstag zu Gesprächen in Kiew

Seit zwei Tagen haben die Bewohner von Donezk kein fließendes Wasser mehr

KIEW afp/rtr/taz | Die ukrainische Armee drängt die Rebellen im Osten des Landes weiter in die Defensive. In Lugansk hätten sich die „Straßenkämpfe“ ins Zentrum der Industriestadt verschoben, hieß es von ukrainischen Armeevertretern. Demnach wurde ein Bezirk von Lugansk „befreit“. Nach Angaben der Stadtverwaltung wurden in der Nacht zu Dienstag mehrere Zivilisten bei Gefechten getötet oder verletzt. Die Stadt hat seit 17 Tagen keinen Zugang zu Strom, Wasser und Lebensmitteln.

Eine AFP-Reporterin berichtete derweil von mehreren Gefechtsexplosionen in der von Rebellen gehaltenen Großstadt Donezk. In der umkämpften Stadt verschlechterte sich die humanitäre Lage, seit zwei Tagen haben die Bewohner kein fließendes Wasser mehr. In Makijiwka, östlich von Donezk, sah ein AFP-Fotograf die Leichen von zwei Männern und einer Frau auf der Straße. Die Stadt war am Dienstagvormittag beschossen worden.

Nahe Lugansk barg die Armee am Dienstag nach Angaben des Militärsprechers Andrei Lyssenko mindestens 15 tote Zivilisten aus einem Flüchtlingskonvoi, der von Rebellen beschossen worden sein soll. Nach Angaben Lyssenkos hatten die Aufständischen am Montag mit russischen Mörsern und Grad-Raketenwerfern auf Zivilisten geschossen, die in einem humanitären Korridor unterwegs gewesen seien. Die Separatisten wiesen die Anschuldigungen zurück.

Das ukrainische Innenministerium arbeitet derzeit an einer Liste von Internetangeboten und Seiten sozialer Netzwerke, die „eine Bedrohung für die Ukrainer bedeuten“. Diese Seiten sollen dann blockiert werden. Dies berichten die ukrainische Nachrichtenagentur UNN und die ukrainische Ausgabe der Komsomolskaja Prawda unter Berufung auf den Berater des ukrainischen Innenministers, Anton Geraschtschenko. In einem ersten Schritt, so Geraschtschenko, seien die juristischen und technischen Mechanismen zu erarbeiten, die für das Blockieren von Internetangeboten erforderlich seien. Zu den juristischen Mechanismen, so Geraschtschenko, gehöre auch die Voraussetzung, dass nur ein Gericht Kriterien zur Blockade von Internetangeboten festlegen dürfe. Technisch, so Geraschtschenko, müsse alles getan werden, um zu verhindern, dass Personen, die sich den Terroristen anschließen wollten, mit diesen über Internetseiten in Kontakt treten können. Am Donnerstag, so Geraschtschenko, habe man einen slowakischen Staatsbürger festgenommen, der aufseiten der Separatisten gekämpft habe. Dieser sei mit den Separatisten über das Internet in Kontakt getreten.

Unterdessen haben sich Russland, die EU und die Ukraine auf ein Treffen in Weißrussland verständigt. Dieses solle am nächsten Dienstag in der weißrussischen Hauptstadt Minsk stattfinden, teilte der ukrainische Präsident Petro Poroschenko mit. Der russische Präsident Wladimir Putin werde anwesend sein, bestätigte ein Sprecher in Moskau. Zudem sollen auch die Führungen Weißrusslands und Kasachstans vertreten sein. Erstmals seit Beginn des Ukrainekonflikts reist Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Samstag nach Kiew. Bei dem Besuch, der auf Einladung von Präsident Poroschenko erfolge, solle es um die aktuelle Lage im Verhältnis zwischen der Ukraine und Russland gehen, kündigte Merkels Sprecher Steffen Seibert am Dienstag an. bc