Raketen aus Kongo auf Ruanda

Ruandische Hutu-Milizen im Kongo schießen über die Grenze. Gefechte im Ostkongo

BERLIN taz ■ Zum ersten Mal seit fast zwei Jahren ist Ruanda von der benachbarten Demokratischen Republik Kongo aus mit schwerer Artillerie beschossen worden. Wie die ruandische Presse berichtet, fielen in der Nacht zum Sonntag Geschosse in drei Gemeinden im Nordwesten des Landes. Während in Ruanda offiziell nicht von Opfern die Rede war, meldete der ostkongolesische Nachrichtendienst Kivupeace zwei Verletzte. Einer Frau sei der Arm abgerissen worden.

Der Beschuss aus der Vulkanregion nördlich der ostkongolesischen Metropole Goma an der Grenze zu Ruanda ist der erste solche Angriff seit September 2005. Nach ruandischen Angaben wurde er von ruandischen Hutu-Milizen verübt. Diese sind die Reste der für den Völkermord in Ruanda 1994 verantwortlichen Armee und Milizenstruktur, die nach dem Völkermord in den Kongo flohen und dann im Krieg gegen Ruandas neue Regierung jahrelang von Kongos Regierung unterstützt wurden. Sie sind politisch als FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) organisiert, kontrollieren einige mineralienreiche Regionen Ostkongos und zählen rund 8.000 Kämpfer.

Der Beschuss folgt auf die größte Offensive der kongolesischen Armee gegen die FDLR seit Abzug der ruandischen Armee aus Ostkongo 2003. Im Ostkongo ist seit Februar die Zusammenlegung von Einheiten der Regierungstruppen mit Kämpfern des örtlichen Tutsi-Rebellenführers Laurent Nkunda im Gange – Ergebnis eines von Ruanda vermittelten Friedensabkommens zwischen Nkunda und Kongos Regierung. Gemischte Brigaden aus Nkunda-Rebellen und Regierungssoldaten namens Alpha, Bravo und Charlie sind jetzt in den ostkongolesischen Bergen zum Kampf gegen die FDLR stationiert. Mitte Februar begann die Bravo-Brigade eine Großoffensive im Distrikt Rutshuru, die unter den Milizen zahlreiche Tote gefordert hat. Die Kämpfe haben nach UN-Angaben Zehntausende in die Flucht getrieben. Allein im Ort Kiwandja wurden 4.000 geflohene Familien registriert – über 20.000 Menschen.

Ruandas Armee hat auf den Raketenbeschuss nicht reagiert. Die Regierungen Ruandas und Kongos führten Gespräche, berichtet die ruandische Tageszeitung New Times. Nächste Woche soll ein regionaler Sicherheitsgipfel in Ruanda den Kampf gegen Milizen koordinieren. D.J.