Die Tickets der Zukunft

DER BVG-BUS-BUG

Kommt es zwangsläufig zu Kompatibilitätskonflikten, wenn Oldschool-Unternehmen auf neue Technologien setzen?

Erinnert sich noch jemand an das „Jahr-2000-Problem“? Auch bekannt als „Millennium-Bug“? Für die Jüngeren unter uns: Gegen Ende des vergangenen Jahrtausends warnten Apokalyptiker davor, die Computersysteme dieser Welt brächen in dem Moment zusammen, in dem das Jahr 1999 zu Ende ginge. Warum? Weil die Programmierer in grauer Vorzeit, also in den 1970er Jahren, bloß zwei Ziffern für Jahreszahlen reserviert hatten. Ein informatischer Geburtsfehler quasi, der sich böse rächen würde. Am Ende fiel lediglich in China eine Festplatte aus, sozusagen.

Weil Berlin in Sachen Apokalypse längst seine eigene Agenda schreibt, überrascht es kaum, dass nun in der Busflotte der BVG tatsächlich ein solches Problem auftauchte. Erst machten die Abfahrts-Displays an den Haltestellen schlapp, dann konnten die meisten Fahrer keine Tickets mehr verkaufen. Dann gab es wieder Fahrkarten, allerdings aus der Zukunft: Sie waren bzw. sind auf Januar 2015 datiert.

Ursache sei eine „fehlerhafte Software-Komponente“, teilten die Verkehrsbetriebe mit, irgendwas stimme nicht in der Kommunikation zwischen den GPS-Sendern und den Bordrechnern der Fahrzeuge. Wie BVG-Sprecherin Petra Reetz am Donnerstag mitteilte, sollte das Problem bis Ende der Woche behoben (für die Jüngeren unter uns: der Bug gefixt) sein. Ob es tatsächlich so schnell geht, bleibt abzuwarten. Angeblich müssen die Softwarechirurgen ihr Besteck in jedem einzelnen von über 1.200 Bussen auspacken.

Fragt sich, ob es etwa zwangsläufig zu Kompatibilitätskonflikten kommt, wenn Oldschool-Unternehmen auf neue Technologien setzen? Nein, zwangsläufig nicht. Beispielsweise hat die BVG eine prima App programmieren lassen, die bis jetzt sehr zuverlässig Verbindungen anzeigt und sogar Tickets verkauft.

Andererseits kämpft das Unternehmen unter Ausschluss der Öffentlichkeit einen verzweifelten Kampf mit dem Projekt „fahrCard“: Längst haben Hunderttausende Abo-Kunden das bunte Plastikkärtchen, aber die Lesegeräte in den Bussen fehlen weiterhin. In den U-Bahnen haben die Kontrolleure zwar ein Maschinchen dabei, verzichten aber häufig darauf, die „fahrCard“ auszulesen – vermutlich weil’s zu lange dauert.

Die BVG-Sprecherin empfahl, die „Bustickets aus der Zukunft“ als Kuriosum aufzuheben. Ob das für die Chipkarten ebenfalls gilt? CLAUDIUS PRÖSSER