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Die Plastefüße der Hobbits

Der Filmpark Babelsberg zeigt eine amüsante Ausstellung zu „Herr der Ringe“

Ich gestehe hier lieber gleich, dass ich nicht viel mit Ringen anfangen kann. Wahrscheinlich habe ich deshalb schon als Kind die knallgrünen Tolkien-Bände nicht angerührt, sondern lieber Autobahnbaustellen besichtigt. Und jetzt stehe ich hier im Dunkeln, Tassen für 10 Euro mit Hobbits drauf werden verkauft und überall Ringe präsentiert. Aragorns Ring gibt’s für 89,90 Euro, Arwens goldene Ohrringe für 100 Euro mehr. Und dann zeigt dieses Kind auf mich: „Was ist das für einer?“ „Das ist einer von den Bösen“, antwortet der Vater. Da drehe ich mich sicherheitshalber mal um, und hinter mir steht in einer Glasvitrine eine Ork-Gestalt in Ritterrüstung.

Ich stehe in einer fremden Welt aus bestimmt 500 Requisitenteilen aus Peter Jacksons Filmtrilogie. Kostüme, Waffen, Masken und natürlich auch dieser Ring – der, der sie alle knechtet und findet, ins Dunkle treibt und ewig bindet. Die Ausstellungsstücke sind alle auf dem Schiffsweg von Neuseeland aus nach Deutschland gelangt. Auch für mich war das Herkommen nicht so einfach.

Nach einer Radirrfahrt zwischen Babelsberger Radio- und Fernsehstudios steht man nämlich vor einem Zaun, dahinter, unerreichbar, die Ausstellung. Also zurück, vorbei an den immer noch stehenden, schon für zig Filme genutzten, irgendwie popeligen Kulissen von „Sonnenallee“. Im Sommer springen hier irgendwo Männer auf Motorrädern durch brennende Reifen. Eigentlich traurig.

Für Neuseeland waren die „Herr der Ringe“-Filme ein (Geld-) Segen. Damit der noch ein bisschen anhält, schickt das Museum of New Zealand Te Papa Tongarewa jetzt zusammen mit der Filmproduktionsfirma eine Ausstellung um die Erde, „die von den Rassen Mittelerdes über Helden, Schurken und Monster bis zu Spezialeffekten reicht“, wie es im Pressetext heißt. Sehen Sie dann: ein Kettenhemd eines Reiters von Rohan sowie ein Kurzvideo über dessen echt aufwändige Herstellung. Das puppenhafte Bodydouble von Boromir liegt mit Waffen in einem Holzboot. „Ist der tot?“ war hier übrigens die Kinderfrage.

Was echt ziemlich cool und fast nach Kunst aussieht, sind hunderte von gammelig und abgestorben wirkenden, wohl am Set allzu stark beanspruchten Plastelinfüßen von diversen Hobbits und all den anderen Fantasy-Vollheios, die hinter einer Glaswand wild durcheinander gestapelt sind. Im Video dazu wird gezeigt, wie man den Darstellern jeden Tag Latexkostüme übergestülpt hat, die man für jeden Tag neu fertigen musste. Da hatte man es mit den animierten Figuren, die sich in den großen Schlachten bekriegen, leichter. Obwohl man uns erzählt, dass auch das nicht einfach war, weil es halt seine Zeit dauert, bis man einen Typen hinmodelliert hat, der wie ein verdammter Baum aussieht. Insgesamt scheinen aber viele Leute einen netten Job gehabt, Geld verdient und Spaß gehabt zu haben. Spaß haben hier richtige Mittelerde-Fans ganz sicher auch. Für den großen Rest der Nicht-Fan-Normalos ist die Sache eine gar nicht so schlecht gemachte, aber doch ziemlich durchgeknallte Mittelalter-Angelegenheit wie aus Kindertagen. Nur dass die Ritter damals noch nicht digital waren.

ANDREAS BECKER

Bis 29. 4., tägl. 10–20 Uhr, Filmpark Babelsberg, Eintritt 12 €, Familienkarte 30 €

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