Tiefe Sorgenfalten

Nach dem 0:0 gegen den VfL Wolfsburg werden die Erwartungen in Stuttgart nach unten geschraubt

STUTTGART taz ■ Am Tag danach lag Mario Gomez auf der Behandlungsbank und schaute reichlich frustriert aus. Vor dem Nationalspieler liegt eine Pause von rund sechs Wochen. Der Deutsch-Spanier mühte sich zwar um Optimismus, aber wirklich gelingen wollte ihm auch das nicht. Die Stuttgarter müssen in einer entscheidenden Phase der Saison ohne ihn auskommen. „Das ist ganz bitter für mich“, sagte Gomez und wirkte immer noch „geschockt“. „Aber es bleibt ein kleiner Trost, es hätte noch schlimmer kommen können“. Als er da auf dem Rasen lag und Trainer Armin Veh von seiner Bank herbeieilte, befürchtete man gar einen Kreuzbandriss. Später, als Veh nach einer bescheidenen Begegnung auf dem Podium saß und von seinen Sorgenfalten berichtete, „die jetzt noch größer geworden sind“, wusste er bereits von der „guten Nachricht“. Der 21-Jährige wird nicht operiert, sondern konservativ behandelt. Jetzt trägt er bis auf weiteres eine Schiene am Knie und schleppt sich zum Krankengymnasten und Arzt.

ER wird ihnen fehlen, das schien den größten Schmerz auszulösen, viel mehr als dies enttäuschende 0:0 gegen Wolfsburg. Der Gegner verdiente sich den Punkt zwar, weil er erstens in der Defensive geschickt gestaffelt stand und nebenbei in der ersten Hälfte noch die größeren Chancen besaß, aber die Stuttgarter vergaben wieder einmal eine große Chance im Rennen um einen Platz in der Champions League. „Viel mehr als das Ergebnis bedrückt mich die Verletzung von Gomez“, sagte Veh. Der Muskelfaserriss von Verteidiger Serdar Tasci (drei Wochen Pause) vergrößerte die Personalsorgen des VfB-Coaches vor dem Spiel bei Spitzenreiter FC Schalke. Gegen Wolfsburg fehlten schon die kranken Timo Hildebrand und Fernando Meira (Grippe/Bronchitis) sowie die Muskelverletzten Alexander Farnerud und Antionio da Silva. „Eigentlich hätte ich am Abend vor dem Spiel um acht Uhr sagen müssen, Jungs ab ins Bett, so alt, wie die sind, dürften die eigentlich nicht bis zehn Uhr aufbleiben“, sagte Veh.

Die „Mini-Krise“, zwei Punkte aus drei Spielen, könnte den Schwaben einen Platz in der Champions League kosten und beendet obendrein alle kühnen Träume in Richtung Titelgewinn. Die Zweite-Reihe-Stürmer Marco Streller und Benjamin Lauth scheinen kaum in der Lage, Gomez zu ersetzen.

Die sportliche Leitung der Schwaben jedenfalls übt sich schon gezwungenermaßen in Schadensbegrenzung. „Wir haben immer davor gewarnt, von dieser jungen Mannschaft zu viel zu verlangen. Es kann nicht sein, dass eine Saison, die im Uefa-Cup endet, als Enttäuschung gesehen wird“, sagte Sportmanager Horst Heldt.

Während Wolfsburgs Trainer Klaus Augenthaler nach einem Spiel, in dem sein Team in der ersten Hälfte die größeren Chancen hatte, von einem „Bonuspunkt“ sprach, herrschte in Stuttgart tiefer Frust vor. „Es ist kein guter Tag, wenn sich zwei Spieler so verletzen“, sagte Tasci und humpelte davon.

Da trat selbst das Debüt des 22 Jahre alten Michael Langer in den Hintergrund. Der Österreicher hatte bei seinem ersten Bundesligaauftritt Stammkeeper Hildebrand vertreten und die vielen Chancen der Wolfsburger mit schnellen Reaktionen vereitelt. „Es war ein Gänsehautgefühl für mich“, sagte Langer. „Ich war nie nervös, es war ein konstant schönes Gefühl.“ Das hatte Langer an dem Tag im Lager der Stuttgarter ganz für sich alleine. OLIVER TRUST