Stefan Osterhaus schaut sich in den Galerien von Berlin um

Yudi Noor weiß ganz offensichtlich eine Menge. Zum Beispiel über Jim Morrisson. Er schätzt die Doors, dass er sie mag, wäre sicher eine glatte Untertreibung. Auf einer seiner Collagen sind sie zu sehen, ja besser zu entdecken, es dauert eine Weile, bis sich die Bezüge offenbaren, doch dann wirkt alles so klar, als turne Morrisson in Bühnenpose durchs Bild, und unsereins denkt sich, dass nur wenig so viel über die Doors zu erzählen vermag wie ein tiefer Blick auf Noors Arbeit, besser ist nur die Platte, knisternd, nicht von der Festplatte. Schöne Titel tragen die Collagen hinter Glas: „You know the day is cross the night“ oder „Illusion whispering comfortable“. Doch sie sind nur ein kleiner Teil in Noors Ausstellung „Clear Mountain“. In seinen Skulpturen fügt Noor zusammen, was auf den ersten Blick nicht unbedingt zusammengehört: Die Spitze eines Minaretts. Ein Stück Plastikschlauch. Religiöse Symbole, die er Alltagsgegenständen gegenüberstellt – die Banalität des Spirituellen oder die Spiritualität des Alltags. Hier hat sich Noor ein beinahe unüberschaubares Universum auf ein paar Quadratmetern geschaffen. Unmöglich zu überblicken. Aber gerade deshalb sehr reizvoll. Bei Madeleine Boschan wirkt dagegen alles im ersten Augenblick unüberschaubar. Doch schnell verraten ihre Skulpturen ihre Verwandtschaft miteinander. Aluminium-Jalousien sind ihr liebster Werkstoff, sie drapiert sie wie Flügel, eine von der Decke stürzende Skulptur lässt einen ganz unmittelbar an Ikarus denken, überhaupt scheint der ganze Raum voller Schwäne zu sein, es flattert an alle Ecken und Kanten. Beinahe alles, was Boschan verwendet hat, lässt sich im Haushalt finden. Stuhlbeine, weiß lackiert, vermitteln den Eindruck eines Krankenzimmers. „Schwarze Weisheit I–VI“ heißen die Skulpturen. Sie bergen ein sinistres Wissen, das sie allmählich preisgeben.

■ Yudi Noor: „Clear Mountain“; Christian Ehrentraut, Friedrichstrr. 155, Di.–Sa. 11–18 Uhr, bis 7. Mai. Madeleine Boschan: „Nitefix“; Autocenter, Eldenaer Str. 34a, Do.–Sa. 16–18 Uhr, bis 9. April