Wie die Politik frühere KZs nutzte

GESCHICHTE Gedenkstätte Sachsenhausen erinnert an Eröffnung 1961

„Die DDR hat das hemmungslos instrumentalisiert“

GÜNTER MORSCH, GEDENKSTÄTTENCHEF

Mit einer neuen Ausstellung erinnert die KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen ab Mitte April an die Eröffnung der Mahn- und Gedenkstätte in der DDR vor 50 Jahren. Im Mittelpunkt der Dokumentation „Sachsenhausen mahnt!“ stehe die politische Instrumentalisierung des Gedenkens in der DDR und der Bundesrepublik kurz vor dem Höhepunkt des Kalten Kriegs, sagte der Direktor der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, Günter Morsch, am Mittwoch.

Mit der Ausstellung zeige die Gedenkstätte, wie die DDR-Staatsführung 1961 die Eröffnung genutzt habe, um innen- und außenpolitisch eine antifaschistische Staatsdoktrin zu präsentieren und den Aufbau eines sozialistischen Staates zu propagieren, sagte Kulturministerin Sabine Kunst (parteilos). Die NS-Opfer hätten im Umfeld der Eröffnung am 23. April 1961 im Osten und im Westen nur eine untergeordnete Rolle gespielt, sagte Morsch. Es sei „bedrückend und überraschend“, wie man die Opfer und Überlebenden des Konzentrationslagers „derart verdrängen konnte im Zeichen des Systemkonflikts“.

So hätten an der Eröffnungsfeier in der DDR mehr als 100.000 Menschen teilgenommen, darunter auch tausende KZ-Überlebende, sagte Morsch. Im Vordergrund habe jedoch die Selbstdarstellung der DDR als „Friedensmacht“ und antifaschistischer Staat gestanden. Die Trauer um die Opfer habe bei der „pompösen Veranstaltung“ kaum eine Rolle gespielt. „Die DDR hat das hemmungslos für ihre Zwecke instrumentalisiert.“

Im Westen sei die Eröffnung der Gedenkstätte weitgehend ignoriert worden, so Morsch. Sofern sie thematisiert wurde, hätten bis hinein in die SPD die Opfer des 1945 in Sachsenhausen eingerichteten sowjetischen Speziallagers im Mittelpunkt des Interesses gestanden.

In der rund 100 Quadratmeter großen Ausstellung „Sachsenhausen mahnt!“ werden mehr als 140 Fotos und historische Dokumente gezeigt. Mit fünf Film- und vier Hörstationen werden zudem Film- und Tondokumente aus der Zeit der Eröffnung der Gedenkstätte sowie Ausschnitte aus Spielfilmen vorgestellt.

Das Politbüro der SED hatte 1953 die Einrichtung von drei KZ-Gedenkstätten in der DDR beschlossen. Die Mahn- und Gedenkstätte Sachsenhausen wurde nach Buchenwald und Ravensbrück als letzte der drei Erinnerungsstätten eröffnet. Die erste KZ-Gedenkstätte in der Bundesrepublik wurde 1965 in Dachau eröffnet. (epd)

■ Die Ausstellung „Sachsenhausen mahnt!“ wird am 17. April eröffnet und ist bis 30. Oktober dienstags bis sonntags von 8.30 bis 18 Uhr im Neuen Museum der Gedenkstätte Sachsenhausen in Oranienburg zu sehen. www.gedenkstaette-sachsenhausen.de