Dortmunds Déjà-vu

Thomas Doll soll die Borussia vor dem Abstieg retten. Gestern gab der allerneueste Messias seinen Einstand

DORTMUND taz ■ Zum zweiten Mal in diesem Jahr stand der mobile Fan-Shop von Borussia Dortmund am Trainingsgelände. Es gibt wohl die Hoffnung, dass die Geschäfte gut laufen, wenn ein Trainer zum ersten Mal auf dem Platz steht. Am 4. Januar wurde Jürgen Röber freundlich begrüßt. Gestern applaudierten die Zuschauer für Thomas Doll. „Da isser, unsa Retter“, rief ihm ein Fan zu. Doll lächelte zurück.

Es ist ein heikler Auftrag, den er angenommen hat. „Ich bin sicher, dass wir das Vertrauen des Vereins zu 100 Prozent zurückzahlen werden“, sagte Doll. Der 40-Jährige nannte es „gerade für einen jungen Trainer eine Ehre, von einem Verein mit solcher Tradition kontaktiert worden zu sein“. Jetzt müsse die Arbeit im Vordergrund stehen. Jetzt müssten Einzelgespräche geführt werden. Jetzt müsse jeder sein „überdurchschnittliches Potenzial abrufen“. Vor knapp zehn Wochen waren die gleichen Sätze zu hören. Auch Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke tauschte in einem knapp drei Monate alten Zitat nur den Namen aus: „Ich bin sicher, dass Thomas Doll für die jetzige Situation der absolut richtige Mann ist.“

Die Situation stellt sich dramatisch dar. Der BVB hat nur noch einen Punkt Vorsprung auf die Abstiegsränge. Doll gab Einblicke, wie sein Rettungskonzept aussieht: „Wir müssen vielleicht ein bisschen defensiver denken, ohne mit acht defensiven Leuten anzutreten.“ Wichtiger wird es wohl sein, die Mannschaft gedanklich auf den stressigen Abstiegskampf einzustellen. Doll würde es gerne sehen, wenn Mentaltrainer Jürgen Lohr in Dortmund eingebunden würde, der schon lange mit ihm zusammenarbeitet.

Der bisherige Trainer jedenfalls sieht im mentalen Bereich erheblichen Nachholbedarf. Jürgen Röber stellte den meisten BVB-Spielern in einem Interview mit den Ruhr Nachrichten ein vernichtendes Zeugnis aus. „Ich hätte manchen Profi knallhart aus dem Kader streichen sollen“, sagte der Trainer, der am Sonntag desillusioniert zurückgetreten war. Manch ein Profi habe „keine Lust auf Arbeit“ gehabt. Die Nationalspieler Christoph Metzelder und Sebastian Kehl hob er gar negativ hervor. Thomas Doll stellte sich hinter die Mannschaft: „Ein Profi spielt mit Herz Fußball. Wichtig ist, dass wir das wieder rauskitzeln.“

Doll war in Hamburger Krisenzeiten häufig vorgeworfen worden, die Spieler zu glimpflich anzupacken und keine Distanz zu wahren. „Ich bin kein Kumpeltyp“, sagte er gestern trotzig. Er räumte allerdings ein, einiges überdacht zu haben.

Offensichtlich auch diese Frage: Ist die Aufgabe in Dortmund schwieriger als die in Hamburg? „Ich hätte es mit dem HSV geschafft“, sagte Doll und fuhr zum Training. Die Zeit ist knapp. Noch einmal wird der Fan-Shop in dieser Saison wohl nicht mehr kommen. MARCUS BARK