Tödliche „Pannen“

Roswitha Müller-Piepenkötter will mit „Hochdruck“ den Mönchengladbacher Doppelmord aufklären lassen

NRW-Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) muss sich erneut mit tödlichen Folgen von „Justizpannen“ beschäftigen.

Erst der grausame Foltermord in der JVA Siegburg, nun die Bluttat von Mönchengladbach: Innerhalb nur eines halben Jahres sieht sich Nordrhein-Westfalens Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter erneut mit einem fatalen Versagen in ihrem Verantwortungsbereich konfrontiert, dessen Folgen fürchterlicher nicht hätten sein können. Diesmal jedoch zeigt die Landesjustizministerin jenes Mitgefühl, das sie im Herbst vergangenen Jahres noch so bitter hatte vermissen lassen. So sprach sie den Hinterbliebenen der 38-jährigen Rukiye P. und ihrer 19-jährigen Tochter Derya P. ihre tiefe Anteilnahme aus. Besonders entsetzt habe sie „die Tatsache, dass die schreckliche Bluttat durch eine rechtzeitige Festnahme des mutmaßlichen Täters hätte verhindert werden können“.

Tatsächlich ist es immer noch unbegreifbar, was sich am vergangenen Freitag im Mönchengladbacher Stadtteil Rheydt abgespielt hat: Ein Familienrichter wird während eines Sorgerechtsprozesses darüber informiert, dass sich in seinem Gerichtssaal ein wegen Vergewaltigung per Haftbefehl gesuchter Mann aufhält. Doch der eindringliche Hinweis der Anwältin der von jenem Mann getrennt lebenden Frau zeitigt keine Konsequenzen. Anstatt selbst die Sitzungswachtmeister herbeizurufen, hält der Richter es für ausreichend, telefonisch die Staatsanwaltschaft zu benachrichtigen. Dort sei die Information dann leider „steckengeblieben“, wird später ein Gerichtssprecher einräumen müssen. Also passiert nichts und Erol P. kann unbehelligt das Gebäude wieder verlassen. Kurz darauf lauert der türkisch-stämmige Niederländer seiner seine Noch-Ehefrau und der älteste Tochter vor deren Wohnung auf und richtet sie per Kopfschuss hin. Eine Stunde nach der Tat stellt sich der 39-Jährige der Polizei.

In einer gemeinsamen Erklärung haben Staatsanwaltschaft und Landgericht Mönchengladbach inzwischen eingeräumt, dass „objektiv die Möglichkeit bestanden hätte, den Tatverdächtigen nach dem Familiengerichtstermin festzunehmen“.

Die genauen Umstände des Doppelmordes würden mit „Hochdruck“ aufgeklärt, hat Roswitha Müller-Piepenkötter versprochen. Akribisch und schnell müsse dabei geprüft werden, wem in diesem Zusammenhang Versäumnisse vorzuwerfen seien. Am kommenden Mittwoch wird darüber auch der Rechtsausschuss des Landtags diskutieren.

PASCAL BEUCKER