„Tschilp ist eher so ein Klumpen“

Nach fünf Jahren veröffentlicht die Band „Tschilp“ ihre erste Single. Und schon wird die als Hamburg-Platte des Jahres gehandelt. Die taz fragt, wie es dazu kommen konnte

Fr, 16. 3., 21 Uhr, Westwerk, Admiralitätstraße 74

taz: Im Internet findet sich die Einschätzung, eure Musik sei der Soundtrack zum Sich-Umbringen-Wollen – was man dann doch nicht tue, weil die Musik gleichzeitig dazu führt, dass man die Welt für zu schön dafür hält. Das könnte man vielleicht therapeutisch nutzen. Oder macht ihr eher traurige Musik?

Tschilp: Ich finde unsere Musik gar nicht so traurig. Ich finde schon, dass wir nicht fröhlich sind, aber das ist halt so. Wieso sollte man fröhliche Musik machen? Manchmal ist das ein bisschen traurig, aber das ist kein Motiv. Der Ansatz ist eher, dass wir keinen Ansatz haben. Es passiert einfach. Es geht eher um den Prozess. Deswegen haben wir auch nicht vor, die Leute zu „unterhalten“. Das wird uns manchmal auch vorgeworfen, dass wir nicht präsent genug sind. Die Leute legen das entweder immer als Schüchternheit oder als Arroganz aus. Aber das ist auch kein Plan.

Was macht ihr denn für Musik? Ist das Rock?

Ja, so Gitarrenmusik im weiteren Sinne, ohne dass wir eben Soli spielen. Und ohne Powerchords. Es sind keine klassischen Rocksongs mit A-B-A-B-Bridge-Refrain … Bei uns ist es immer eher 1-2-3. Das war auch schon vorher unausgesprochen klar.

Worin besteht eure eigentliche Stärke?

Im Zusammenspielen. Und dass wir uns zuhören. Die Lieder entstehen hauptsächlich durch Zuhören. Weniger, indem wir darüber reden. Je länger wir Musik machen, desto weniger besprechen wir das. Es ist eher, dass wir hören, was eben entsteht. Was aber wichtig ist, ist einfach, dass wir auch Freundinnen sind. Das ist so wichtig, weil wir immer so eine Gelassenheit haben, wenn wir das machen. Das hat viel damit zu tun. Wenn wir nur zusammen wären, um Musik zu machen, dann wäre das vielleicht ein wenig anders. Wir haben ja auch keinen Chef in der Band. Tschilp ist eher so ein Klumpen. Wenn jemand so eine Idee hat – bestimmte Musik, bestimmte Struktur – dann könnte ich mir vorstellen, dass das anders klingt. So hat man eine andere Struktur, die die Musik produziert, als das Wohlgefallen der anderen.

Lange Zeit war sie angekündigt, jetzt habt ihr mit dem „Fidel Bastro“-Label tatsächlich eine Platte gemacht. Warum hat es jetzt doch geklappt?

Wegen Bernd. Bernd ist unser größter Fan. Wir wollten die ganze Zeit eine Platte aufnehmen, aber wir hatten kein Geld. Und dann hat uns Bernd mal gefragt, aber damals hatten wir gedacht: „Fidel Bastro“, da sind so viele komische Jungsbands. Dann wurden wir irgendwann noch mal gefragt, und da hatten wir immer noch kein Geld – und Bernd fand uns so toll. Da haben wir gesagt: okay. Aber es ist nicht nur wegen des Geldes, sondern Bernd ist total nett. Da passt auch, was man von Musik hält, er hat in dem, was er macht, so eine totale Leidenschaft. Er hat zwar auch seine zynische Seite, aber ich habe den noch nie rumjammern gehört. Was er macht, da hat er halt Bock drauf. Das findet er total gut. Und es ist dankbar für eine Band, wenn man jemanden trifft, der sich so freut. Und das Coole ist auch, dass er total Geduld hat. Er sagt immer: „Bei mir haben alle Künstler ihre Freiheit!“ Und das ist total nett, weil man machen kann, was man will. Das Label passt also, weil es Bernd ist und weil er so mit Musik umgeht. Es geht nicht um Plattenverkaufen oder Coolsein.

Jetzt sind ja erst zwei Songs aus fünf Jahren gepresst. Kommt auch noch das Album?

Vielleicht. Nee, das ist schon das nächste Projekt.INTERVIEW: ROBERT MATTHIES