DOROTHEA HAHN ÜBER DIE TRAUERFEIERN FÜR MICHAEL BROWN IN FERGUSON
: Weiß ist eine schwierige Farbe

Tausende Menschen sind am Montag zur Trauerfeier für den von einem weißen Polizisten in der US-Stadt Ferguson erschossenen schwarzen Teenager Michael Brown zusammengekommen. Für sie alle ist Brown zu einer Ikone geworden, zu einem neuen Gesicht für ein Übel, das ebenso alt ist wie die Geschichte der USA: Rassismus. Die Schnelligkeit und die Breite der Reaktionen zeigen, wie weit verbreitet die Erfahrung der sozialen und ökonomischen Diskriminierung und der Schikanen und Gewalt durch die Polizei ist.

Wie schon nach früheren tödlichen Polizeischüssen auf junge schwarze Männer wollen Bürgerrechtsbewegungen jetzt versuchen, den Moment zu nutzen, um die längst überfällige nationale Debatte über Rassismus zu erzwingen. Sie wollen materielle und personelle Reformen bei der Polizei, sie wollen bessere Schulen und Chancengleichheit im Beruf und bei der Wohnungswahl.

Die weiße Bevölkerung der USA – die vorerst noch die Mehrheit stellt – muss verstehen, dass es das Problem des ganzen Landes ist, wenn Polizisten unbewaffnete Teenager erschießen. Und dass etwas zutiefst faul ist in einem Land, in dem Polizisten ihre Dienstwaffen auf Demonstranten und Journalisten richten.

Doch in dieser Hinsicht machen die letzten Tage in den USA wenig Hoffnung. Jene in der weißen US-Bevölkerung, die jetzt für den Polizeischützen Geld sammeln und demonstrieren, sind nur eine kleine Gruppe. Die große Mehrheit glänzt durch Schweigen. Und sie zeigt damit einmal mehr, wie tief gespalten das Land ist, wie groß die Angst, das Misstrauen und manchmal auch der offene Hass sind.

Die Demonstrationen für Michael Brown sind zu begrüßen. Die Tatsache, dass die Farbe Weiß dabei allenfalls als kleines Einsprengsel vorkommt, bleibt niederschmetternd.

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