piwik no script img

LEUCHTEN DER MENSCHHEIT NINA APINAlles und nichts und die Zeit

Viel haben Iris Berben und Rocko Schamoni, das Leben im Gefängnis und ein Arbeitsleben im Bergbau nicht gemeinsam. Nur eins: Das Vergehen der Zeit spielt für alle eine gewisse Rolle. „Let’s face it“ von Heike Blümner und Jackie Thomae (Blanvalet, 2011) will ein Buch sein „für alle, die älter werden“. Tatsächlich ist es ein Buch über alles, nichts und die Zeit. In elf Kapiteln fragen sich die Autorinnen, warum für junge Menschen die Zeit langsamer vergeht als für alte. Warum in der Stadt das Leben rennt und im Knast in „Gummizeit“ vergeht. Und ob die Rentner von morgen immer noch Beige tragen werden.

Diese Tour de Force durch das Themenfeld Alter brüstet sich im Vorwort damit, nicht für eine bestimmte Zielgruppe geschrieben worden zu sein. Leider fehlt dem Buch – wie schon dem Vorgänger „Eine Frau. Ein Buch“ – auch ein eigener Blickwinkel und jede thematische Schärfe. Zwar werden „Experten“ wie ein Gedächtnisforscher oder ein Gefängnispsychologe herangezogen, dürfen Prominente von Georg Kreisler bis Andrea Nahles aus ihrem Leben plaudern. Doch kaum wird es halbwegs interessant, ist schon der nächste Themenkomplex dran.

Das konsequente Hinweghuschen über alle politisch-demografischen, kulturellen und medizinischen Untiefen des Altersthemas ist ärgerlich. Dass sich Eltern genauso kleiden wie ihre Kinder, Frauen mit Kosmetik und Männer mit Sportwagen gegen das Älterwerden ankämpfen, weiß man aus Frauenzeitschriften und Kabarettprogrammen. Gern gewusst hätte man, welche Vorstellung vom Altern die junge, in der Zeitblase der Volksmusik lebende Sängerin Stefanie Hertel hat. Oder was eine Altenpflegerin über die professionelle Intimität ihres Berufs zu sagen hat. Doch die vielen, allzu kurzen Begegnungen werden in sprachlichen Klischees ersäuft. „Alles Asbach“, würden die Autorinnen sagen.

■  Die Autorin ist taz-Redakteurin Foto: privat

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen