Keine Mehrheit für Truppenabzug

Die US-amerikanischen Demokraten scheitern beim Versuch, im Senat Daten für einen US-Abzug aus dem Irak festzulegen. Nur ein Republikaner stimmt mit ihnen, dafür aber zwei Demokraten dagegen. Präsident Bush hatte ein Veto angekündigt

AUS WASHINGTON ADRIENNE WOLTERSDORF

Die Strategie der US-Demokraten, Präsident George W. Bush in Sachen Truppenrückzug aus dem Irak die Daumenschrauben anzulegen, ist erneut gescheitert. Die Republikaner stehen geeinter hinter Bush als erwartet. Das ist das Ergebnis eines erneuten Resolutionsvorstoßes der Demokraten im US-Senat, der den Abzug der US-Armee aus dem Irak bis März 2008 vorsah. Obwohl die Demokraten eine Mehrheit von 51 zu 49 Stimmen halten, stimmten am Donnerstag nur 48 Senatoren für den Entwurf.

Im Repräsentantenhaus nahm ein ähnlicher Gesetzesentwurf der Demokraten eine erste Hürde. Eine Mehrheit der Abgeordneten im einflussreichen Bewilligungsausschuss stimmte für die Vorlage, die einen Irak-Rückzug bis spätestens September 2008 vorsieht. Das Plenum des Repräsentantenhauses will darüber voraussichtlich am kommenden Donnerstag abstimmen.

Nach den Abstimmungen verkauften sowohl Demokraten als auch Republikaner das Ergebnis als Erfolg. Der demokratische Mehrheitsführer Harry Reid sagte, die Republikaner hätten die „fehlgeschlagene Politik“ Bushs damit abgesegnet. Der republikanische Minderheitsführer Mitch McConnell begrüßte, dass der Senat sich gegen eine Frist für den Truppenabzug ausgesprochen habe. Drei Senatoren hatten gegen ihr Lager gestimmt.

Die Demokraten Ben Nelson und Mark Pryor votierten gegen die Resolution, ihr republikanischer Kollege und Bush-Kritiker Gordon Smith aus Oregon stimmte mit den meisten Demokraten dafür. Präsidentschaftskandidat John McCain war nicht dabei, er ist zurzeit auf Wahlkampftour.

Bush lobte den Senat für das Abstimmungsergebnis während seiner Rede auf einem republikanischen Fundraiser-Dinner. Er sprach von einer „weisen“ Entscheidung: „Würden wir den Irak verlassen, bevor die Arbeit dort getan ist, würde uns der Feind in die USA folgen, und das lassen wir nicht geschehen“, sagte Bush. Obgleich die Aussichten auf einen Abstimmungserfolg der Demokraten nur dünn gewesen waren, hatte Bush im Vorfeld deutlich gemacht, dass er sein Veto gegen einen festen Termin zum Truppenrückzug einlegen werde. Offenbar hatte das Weiße Haus in den Tagen zuvor zudem zahlreiche Republikaner intensiv bearbeitet, um diese auf Kurs zu bringen.

Die Vorlage im Bewilligungsausschuss beinhaltet die Genehmigung zusätzlicher Mittel für die Kriegseinsätze im Irak und in Afghanistan. Die Genehmigung wird darin aber verknüpft mit der Frist für den Abzug. Die Bedingung lautet: Sollte Bush keine Fortschritte im Irak nachweisen können, müssten sich die Streitkräfte bis September 2008 aus dem Irak zurückziehen. Bush hatte den Kongress um zusätzliche 120 Milliarden US-Dollar (rund 91 Milliarden Euro) für die Einsätze im Irak und in Afghanistan gebeten.

Einige der im kommenden Jahr zur Wiederwahl anstehenden republikanischen Senatoren beeilten sich nach der Senatsabstimmung, deutlich zu machen, wo sie stehen. So sagte der moderat-republikanische Senator Norm Coleman aus Minnesota, dass er zwar gegen die Resolution gestimmt habe, dass das Endergebnis „aber irreführend sein kann, weil auch unter Republikanern eine tiefe Frustration und Besorgnis über den Krieg im Irak herrscht“. Andere Republikaner gaben an, sie seien mit der Handhabung des Krieges durch Bush zwar nicht einverstanden, wollten aber keinen Truppenabzug anordnen, der bereits in vier Monaten beginnen würde.

Zeitgleich mit der Rückzugs-Resolution stimmten beide Kongresskammern am Donnerstag mit überwältigender Mehrheit zwei nicht bindenden Resolutionen zu, die die Unterstützung der Soldaten im Irak betreffen. Republikaner werfen den Demokraten immer wieder vor, mit der Mittelkürzung für den Irakkrieg unmittelbar den Truppen schaden zu wollen. Ein Vorwurf, den Demokraten heftig bestreiten. Sie bemühten sich in den vergangenen zwei Wochen, einen Versorgungsskandal im Veteranenkrankenhaus Walter Reed in Washington auszuschlachten, um die Republikaner als Heuchler darzustellen, die sich nicht wirklich um das Wohl der Soldaten bemühen.

Die Demokraten im Kongress haben bereits angekündigt, weiter für einen Truppenabzug kämpfen zu wollen. Gelegenheit dazu bietet sich, wenn in der kommenden Woche über die neuerlichen Budgetforderungen Präsident Bushs debattiert werden soll.