BKA relativiert Terrorwarnung

Ermittler halten höhere Sicherheitsmaßnahmen trotz Islamisten-Video für unnötig

WIESBADEN taz ■ Die abstrakte Gefahr terroristischer Anschläge in Deutschland hat sich nach Einschätzung des Bundeskriminalamts (BKA) zwar erhöht, ist aber nach wie vor „nicht akut“. Das sagte BKA-Präsident Jörg Ziercke auf seiner gestrigen Jahrespressekonferenz in der Wiesbadener Zentrale formelhaft immer wieder. Damit reagierte er auf Presseberichte vom Vortag über eine angebliche Terrorwarnung seiner Behörde.

Ziercke sagte, die Warnung habe eher ein „abstrakte, theoretische Dimension“ gehabt. In Bezug auf die „Gefährdungsintensität“ sei der Abstand zu den USA, Großbritannien und Israel zwar kleiner geworden, das Niveau dieser Staaten habe Deutschland aber nicht erreicht. Man dürfe sich jetzt „nicht in Panik und Dramatik ergehen“, müsse aber „wegen der Tatsache, dass es das Video gibt, hochaufmerksam und besonnen“ reagieren.

Die Situation sei insgesamt „nichts Neues“. Es habe auch in den vergangenen Jahren Morde und Anschläge auf Bundesbürger und Soldaten im Ausland gegeben. Allein in Afghanistan ermittele das BKA derzeit in 27 Fällen. In der Bundesrepublik seien die meisten Attentatspläne im Vorfeld vereitelt worden.

Ziercke wertete das Video allerdings als „eine neue Qualität der Bedrohung“. Es sei „sehr professionell“ gemacht. „Es ist ja einwandfreies Deutsch“, sagte Ziercke. Außerdem ließen die Produzenten erkennen, dass sie die politischen Verhältnisse in Deutschland und Österreich gut kennen und „analytische Fähigkeiten“ besitzen. Das Video könne „fanatisierte Einzeltäter“ zwar zum Handeln motivieren, bleibe aber vorerst „eine Drohkulisse“. Der BKA-Präsident sieht daher keinen Anlass für die Bundesregierung, die Sicherheitsmaßnahmen zu verstärken. Die Standards seien im internationalen Vergleich ohnehin schon „sehr hoch“.

Ziercke nahm die Diskussion über das Video zum Anlass, eine Aufrüstung der Polizei in den Bereichen der Informations- und Kommunikationstechnik einzufordern. Gerade militante Islamisten verwendeten das Internet immer mehr zur Indoktrination und zur Rekrutierung neuer Kämpfer.

Der Behördenchef plädierte dafür, die gesetzlichen Grundlagen für ungehinderte Onlinedurchsuchungen privater Computer zu schaffen. Die Beschlagnahme der Geräte reiche nicht aus, um Straftaten aufzudecken. Längst lagerten die Täter ihre Daten verschlüsselt ins Internet aus. Die Polizei müsse die Chance haben, die Passwörter und Daten im Vorfeld „abzugreifen“.

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