„Der Feldhamster ist kurz vorm Aussterben“

WAHL-INTERVIEW (FOLGE 5) Sachsens Nabu-Chef erhofft sich nicht viel vom bevorstehenden Urnengang. Dabei bräuchte der Naturschutz dringend mehr Unterstützung. Viele sehen ihn aber nur als notwendiges Übel

■ 56, ist seit 2007 Vorsitzender des Nabu Sachsen. Schon seit Beginn der 90er engagiert er sich in dem Naturschutzverband, seit 1996 als Geschäftsführer.

taz: Herr Heinitz, gehen Sie wählen?

Bernd Heinitz: Ja natürlich, immer!

Was erwarten Sie von dieser Wahl?

Nicht viel. Gerade im Naturschutz sind die Erwartungen nicht so hoch, dass sich grundlegend etwas ändert. Mit den Jahren wird man in diesem Beruf einfach pragmatisch.

Wo liegen die Probleme?

Vor allem praktische Maßnahmen vor Ort werden nicht konsequent umgesetzt. Es wird viel geredet, aber wenig getan. Deswegen gibt es einen so hohen Artenrückgang in Sachsen.

Welche Arten sind gefährdet?

Das Rebhuhn ist kurz vorm Aussterben. Das Gleiche gilt für den Feldhamster, der nur noch im Nordwesten der Leipziger Region existent ist.

Wie ließe er sich retten?

Der wichtigste Schritt wäre, den ökologischen Landbau zu unterstützen. Ein Nebeneinander von Getreide-, Luzerne- und Zuckerrübenfeldern würde dem Feldhamster guttun.

Was müsste sich noch ändern?

Um einen ökologischen Hochwasserschutz zu gewährleisten, ist der Auenschutz wichtig. Nur höhere Flutmauern und Deiche werden die Situation nicht nachhaltig verbessern. Die Hochwasserkatastrophen verdeutlichen das.

Warum gibt es nicht mehr Naturschutz?

Naturschutz wird in den Parteien als notwendiges Übel angesehen. Außerdem ist die Lobby der Naturnutzer wie zum Beispiel die Agrarwirtschaft in den Parteien stark vertreten, und auch die CDU-FDP-Koalition hat gewisse Zwänge verursacht.

Welche?

Die Regierung hat im Bereich Landwirtschaft stark auf Wirtschaftlichkeit gesetzt. Das hat dem Baumschutz geschadet.

Was muss die nächste Regierung tun?

Ernsthaft mehr Naturschutz etablieren. Auch in finanzieller Hinsicht ist dazu ein Bekenntnis nötig. Wertvolle Strukturen wie unsere Naturschutzstationen, die mit viel Engagement der Vereine und Bürger aufgebaut wurden, gilt es zu erhalten.

Wen wählen Sie denn?

Auf jeden Fall eine demokratische Partei. INTERVIEW: J. KALARICKAL