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ILLEGAL Ein Wochenende, fünf Wohnungen, 23 unerlaubte Abfragen – die taz hat den Test gemacht

In der Wohnung wird noch mit Kohlen geheizt, der Flur stinkt nach altem Haus

Für unsere Stichprobe suchen wir im Internet nach einer passenden Wohnung und kontaktieren dann die Wohnungsbaugesellschaften. Uns interessiert, welche Daten die Unternehmen von Leuten verlangen, die eine Wohnung mieten wollen. Bei manchen Gesellschaften bekommen wir die Liste direkt, bei anderen erst nach einer Wohnungsbesichtigung. Getestet haben wir dabei die sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften, die zusammen rund 300.000 Wohnungen in Berlin besitzen.

Gewobag

Auf dem Formular steht, die Gewobag brauche noch einige Unterlagen „vor Abschluss eines Mietvertrages“. Wir bekommen das Formular aber schon viel früher – direkt nach der Besichtigung. „Hier hinten steht, was wir an Unterlagen benötigen“, sagt der Herr von der Gewobag nach der Besichtigung der 200-Quadratmeter-Wohnung in Alt-Hohenschönhausen: Mietschuldenfreiheitsbescheinigung, Einkommensnachweise, Schufa-Auskunft. Die Gewobag kommt also auf drei Gesetzesverstöße.

Degewo

Wir suchen uns eine 100 Quadratmeter große Vier-Zimmer-Wohnung in Reinickendorf heraus. Zur Besichtigung kommt es aber gar nicht, denn die Degewo teilt uns schon per Mail mit, welche Unterlagen sie braucht. Wir werden gebeten, Mietzahlungsnachweisbescheinigung, Einkommensnachweise und Personalausweis „direkt nach dem Besichtigungstermin in unserem Kundenzentrum Nord abzugeben“. Drei Informationen, dreimal verboten.

WBM

Das malerische Gässchen im historischen Nikolaiviertel in Mitte macht den Eindruck einer für Tourist*innen aufgestellten Theaterkulisse. Über den Innenhof geht es in den Plattenbau mit weitläufigem Wohnzimmer und Blick auf die Nikolaikirche. Die WBM teilt auf ihrem Formular ganz offen mit, dass sie die Unterlagen „zur Bewerbung auf eine Wohnung“ benötigt. Und dann kommt das volle Programm: Einkommensnachweise der letzten drei Monate, eine Schufa-Verbraucherauskunft, eine Kündigungsbestätigung der jetzigen Wohnung, die Mietschuldenfreiheitsbescheinigung und eine Ausweiskopie. Die WBM ist damit einer der Spitzenreiter: Fünf Gesetzesverstöße auf einmal – ein Spitzenwert!

Gesobau

Zwischen den heruntergekommenen grauen Gebäuden mit zwei Stockwerken in Hellersdorf pendeln Wäscheleinen. Der Hausflur stinkt nach altem Gebäude. In der Wohnung wird noch mit Kohlen geheizt, in den Zimmern stehen Kachelöfen. Wer eine wirklich günstige Wohnung sucht: Hier ist noch was frei. „Wenn man sich bewerben will, welche Unterlagen benötigen Sie dann?“, fragen wir beim Besichtigungstermin. „Dann benötigen wir einen Interessentenbogen ausgefüllt, von Ihnen beiden die Schufa – die ziehen wir uns immer selber, dann haben Sie keine Kosten – dann brauchen wir die letzten drei Gehaltsnachweise und eine aktuelle Mietschuldenfreiheit.“ Auf dem Interessentenbogen wird verbotenerweise nach der Nationalität gefragt, somit kommt die Gesobau auf insgesamt vier Gesetzesverstöße.

Howoge

Um das Exposé der 4-Zimmer-Wohnung in Lichtenberg zu bekommen und einen Besichtigungstermin vereinbaren zu können, ist ein Besuch im Kundenzentrum in Neu-Hohenschönhausen notwendig. Dort wird uns die Liste der erforderlichen Bewerbungsunterlagen allerdings gleich mitgeliefert: Personalausweis, Einkommensnachweise, Bestätigung der Mietschuldenfreiheit, Zustimmung zur Schufa-Auskunft und Kontoverbindung. Mit fünf illegalen Abfragen ist die Howoge damit in der Spitzengruppe.

Stadt und Land

Hellersdorfer Platte, vom Balkon der Ausblick auf eine trostlose Brache, in den niedrigen Räumen steht der Geruch nach neuem Laminat. Die Vermieterin verlangt Einkommensnachweise, Mietschuldenfreiheitsbescheinigung und Personalausweis – dreimal nicht erlaubt. LOU ZUCKER, SEBASTIAN HEISER