… DAS DEUTSCH-AMERIKANISCHE VOLKSFEST?
: Den Sektor wechseln

Was dem Münchener das Oktoberfest und dem Hamburger der Dom, ist dem Berliner das Deutsch-Amerikanische Volksfest. Zugegeben, das ist grober Unfug – aber immerhin handelt es sich bei der alljährlichen Sause mit Riesenrad und Rodeo um eines der traditionsreichsten Open-Air-Events der Hauptstadt. Grell und laut, fettig und süß, da gehen Berliner und US-Geschmack zusammen wie Spare Ribs und Ketchup.

Immerhin haftet dem Fest eine gewisse geschichtliche Schwere an, die anderen Jahrmärkten vollends abgeht: Deutsch-amerikanisch, da weht ein Hauch von Luftbrücke, Carepaket und Sektorengrenze durch die Geisterbahn.

Aber was machen die Verantwortlichen für dieses historische Erbe im 51. Jahr des Volksfests? Sie verlegen es, horribile dictu, in den britischen Sektor. Unweit des Hauptbahnhofs, in der Moabiter Heidestraße, wird zum 28. Juli die gute alte „Mainstreet“-Kulisse errichtet und die Fahrgeschäfte werden aufgebockt. Ein Umzug war unvermeidlich geworden, weil das alte Gelände – die „Truman Plaza“ an der Dahlemer Clayallee – verkauft worden war und bebaut wird. Allerdings hatte der langjährige Veranstalter Richard Simmons laut Berliner Morgenpost einen anderen Ort bevorzugt: das Tempelhofer Feld. Das aber habe die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung abgelehnt, weil das Nutzungskonzept des Parks die Aufstellung von Fahrgeschäften ausschließe.

Und doch – überlegt man sich’s recht, ist der neue Standort der schlechteste nicht. Der Hauptbahnhof, ein Ort der Superlative, umgeben von staubiger Ödnis, die peu à peu mit primitiven, aber rentablen Blöcken bebaut wird, um eine urbane Kulisse zu generieren: Das passt doch ganz prima zur Fassadenhaftigkeit einer Mainstreet. Wir wienern schon mal unsere Cowboystiefel. CLP Foto: ap