Die Krippe-Impfung wirkt noch nicht

Auch nach Machtwörtchen der Kanzlerin profilieren sich Koalitionäre als Kindermädchen. Mehr Betriebskrippen

BERLIN taz/ap ■ Krippe und Koalition, das reimt sich immer noch nicht. Der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Peter Struck, attackierte die Union erneut wegen ihrer Hinhaltetaktik in der Familienpolitik. „Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf setzt ein bestimmtes Frauenbild voraus“, sagte Struck der Welt am Sonntag, „die Union hat dieses Bild nicht. Das ist der wahre Kern des Konflikts“.

Und dann befeuerte Struck den Konflikt. Die SPD wolle 750.000 Krippenplätze schon im Jahr 2010 erreichen. Damit liegt die Latte erneut höher. Ursprünglich sollte die große Koalition bis 2010 nur auf 500.000 Krippenplätze kommen, Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte dann vorgeschlagen, stattdessen 750.000 Plätze für unter Dreijährige bis zum Jahr 2013 aufzubauen – und war dafür von der eigenen Fraktionsspitze gebremst worden. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte sich wiederum mit Verzögerung der Familienministerin angeschlossen und versuchte so Ruhe in der Koalition zu stiften.

Allerdings ist die Familienministerin inzwischen fast heimlich auf die Linie der Koalitionsvereinbarung zurückgekehrt. Sie sagte, die Betreuung von Kleinkindern solle zu zwei Dritteln in Kinderkrippen und zu einem Drittel von Tagesmüttern übernommen werden. Das bedeutet: Bis 2010 müssten es 500.000 Krippenplätze werden, 250.000 Plätze würden bei Tagesmüttern eingerichtet. Hier ist Profilierungsstreit mit der SPD vorprogrammiert, zumal die Qualifikation von Tagesmüttern als höchst fragwürdig gilt.

Am Wochenende kamen nun weitere Forderungen hinzu. Familienministerin von der Leyen bat die Wirtschaft, mehr für die Kinderbetreuung zu unternehmen. „Wer auf Dauer wettbewerbsfähig sein will, muss sich darum kümmern. Das ist kein Almosenthema, sondern ein Unternehmensvorteil“, sagte die Ministerin – und kündigte ein spezielles Förderprogramm an.

Die Union macht sich derweil für die traditionelle Seite der Kinderbetreuung stark – die Ehefrauen. Der Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach kündigte Widerstand gegen ein Gesetz der Justizministerin an. Brigitte Zypries (SPD) will die finanziellen Ansprüche von geschiedenen Frauen, die kleine Kinder erziehen, im Vergleich zu heute zurückstufen. „Wer echte Wahlfreiheit für die Familien will“, sagte Bosbach dazu, der dürfe nicht nur Krippenplätze bauen, sondern müsse auch für die Rechte von Frauen eintreten, die sich bewusst gegen dieses Modell entscheiden. CIF