Verwandelt zurück auf dem Platz

KABINENPREDIGT Bremen und Hoffenheim trennen sich 1:1. Werder zeigt erst nach dem Rückstand Leistung

„Bei den Chancen fühlt sich das an wie zwei verlorene Punkte“

ASSANI LUKIMYA, WERDER BREMEN

Es gibt Fußballspiele, da fragt man sich, was in der Halbzeit in den Kabinen bloß passiert ist. Nur die Ansprachen der Trainer, egal ob Anschiss oder Lobhudelei, können doch nicht dazu führen, dass die Teams wie verwandelt auf den Platz zurückkehren. Man fragt sich das zumindest nach Spielen, bei denen man solch unterschiedliche Halbzeiten erlebt wie beim 1:1-Unentschieden zwischen Werder Bremen und der TSG Hoffenheim am Samstag.

Werder-Coach Robin Dutt hatte vor der Partie noch darüber philosophiert, dass die Kraichgauer am Saisonende wohl weit vor Werder stehen würden. Er führte das auf das deutlich höhere Budget des Gegners und den besser bestückten Kader zurück. Für das eine Spiel am Samstag, so Dutt, würde das jedoch nicht gelten: „Da entscheidet nicht das Geld. Da wird meine Mannschaft mit Herzblut spielen, alles reinhauen, was sie hat.“

Doch dann haute Werder zunächst so gar nicht rein und spielerisch haute so gut wie gar nichts hin. Die Bremer spielten weder mit Herz noch mit Hirn. Hoffenheim musste, so schien es, gar nicht allzu viel tun, um das Spiel zu kontrollieren. Mit dem 0:1 durch Roberto Firmino waren die Bremer bis zur Pause noch gut bedient. Werder spielte so schlecht wie in der Vorwoche in der ersten Halbzeit in Berlin, Werder spielte so schlecht wie so oft in der Vorsaison. Die Ostkurve feierte die Mannschaft trotzdem – was sie eigentlich immer macht, egal wie schlecht Werder spielt –, auf den Sitzplätzen im Norden und Süden wurde ordentlich gemeckert. Nicht alle Werder-Fans hatten Hoffnung, dass es besser werden könnte.

Doch dann mutierte Werders „Sechser“ Alejandro Galvez nach knapp einer Stunde Spielzeit plötzlich zum Stürmer, traf zum 1:1-Ausgleich – und das Spiel kippte. Plötzlich hielten die Bremer Profis, was ihr Übungsleiter versprochen hatte: Sie hauten rein, sie liefen sich die Lunge aus dem Hals, sie gewannen urplötzlich fast alle zweiten Bälle – während Hoffenheim zuschaute und in der Offensive gar nicht mehr stattfand. Ein halbes Dutzend hochkarätiger Chancen erarbeiteten sich die Bremer, die Ostkurve tobte, der Rest hatte das Meckern eingestellt und hoffte auf das zweite Tor. Sie hofften vergebens, weil weder Franco di Santo noch Fin Bartels oder Nils Petersen das Tor trafen.

Hoffenheims Trainer Markus Gisdol rätselte, warum sein Team das Spiel aus der Hand gegeben hatte und sagte: „Es ist schwer, in Bremen zu spielen. Wenn sie vom Publikum nach vorne getrieben werden, dann ist das schon eine enorme Wucht.“ Dutt rätselte, warum seine Mannschaft erneut in Rückstand geraten musste, ehe sie sich auf ihre Tugenden besann. „Ich kann nur versichern, dass wir nicht bewusst in Rückstand gehen, um dann besser zu spielen“, sagte er.

Gisdol war am Ende heilfroh über den Punkt. Werders Assani Lukimya sagte: „Bei den Chancen zum Schluss fühlt sich das an wie zwei verlorene Punkte.“ Sein Kollege Sebastian Prödl sah das genau so: „Aber es ist gut zu wissen, dass wir physisch immer noch nachlegen können. Von der Mentalität stimmt es sowieso bei uns.“ Bleibt die Frage, warum bitteschön nicht schon von Beginn an?  SVEN BREMER