PRESS-SCHLAG: Brumm, brumm
MOTORSPORT Bundesliga-Busbemalungen im Spiegel der Zeit: „Furchtlos und treu“ und anderes wirres Zeug
Naja, sie haben wenigstens einen auffälligen Bus. „Furchtlos und treu“ steht auf dem Gefährt des VfB Stuttgart. Das hat sich die Marketingabteilung des schwäbischen Fußballklubs vor der Saison ausgedacht. So nach dem Motto: Furchtlos die Spieler und treu die Fans. Eine gute Idee? Eher nicht. Völkisch und nationalistisch sei der Spruch, fanden etliche Kritiker. Zurecht. Denn so nannte sich auch eine Neonazi-Vereinigung im Stuttgarter Umfeld. Sie ist, berichten Szenekenner, vor Jahren aus der Sektion Württemberg des Neonazi-Netzwerks „Blood & Honour“ und dessen Jugendorganisation „White Youth“ entstanden. Der Spruch ist sicherlich auch militaristisch, denn mit dem Aufdruck „Furchtlos und treu“ auf ihrem Koppelschloss zogen Soldaten aus Württemberg in den Ersten Weltkrieg. Wenigstens haben die Stuttgarter nicht „Gott mit uns“ zu ihrem Leitspruch erwählt, denn das hätte dann richtig Ärger gegeben. Aber auch so wirkt dieses Furchtlos-und-treu derzeit nur noch lächerlich, denn die Schwaben haben zu Hause 0:2 gegen den Aufsteiger 1. FC Köln verloren. Grummelnde Fans schlagen bereits vor, „unfähig und dämlich“ auf den Bus zu pinseln oder aber „ideenlos und verärgert“. Ideenlos die Mannschaft und verärgert die Fans.
Die Klubs sollten mal überlegen, ob sie nicht etwas flexibler mit ihren Mottos, mit denen sie omnibus- und webseitenmäßig durch die Weltgeschichte kurven, umgehen, denn wie schnell kann aus „echter Liebe“ (BVB) rein hypothetisch arge Abneigung werden. „Wir leben dich“ (Schalke) könnte ratzfatz umgedichtet werden zu „Wir hassen dich“. Grundsätzlich anfällig für Verhohnepiepelungen aller Art auch: „Im Herzen vereint“ (Dynamo Dresden), „Ein roter Bulle kommt selten allein“ (RB Leipzig), „Fußball ist alles“ (VfL Wolfsburg), „Wir sind ein Team“ (1. FC Köln) und „Erleben, was verbindet“ (FC Bayern). In Stein gemeißelt ist dagegen die Nürnberger Busaufschrift „Der Club“. Das kann alles heißen. Die fränkischen Fans wissen das nur allzu gut. Hertha fährt mit „Aus Berlin. Für Berlin“ durch die Lande, was auf mancher Raststätte für Erheiterung sorgen dürfte, denn Berliner hält man ja in der Republik entweder für unfähig (Flughafen und Wowi) oder dauerbekifft (Kreuzberg und Wowi).
Womit wir auch schon beim Hamburger Sport-Verein wären, der als „Rauten-Express“ von A nach B reist. Die Braunschweiger Eintracht hat sich – haha – in einen motorisierten „Löwenkäfig“ sperren lassen, und der 1. FC Union Berlin – Achtung Schenkelklopfer! – fährt mit seinem Bus immer auf den „Sportplatz“, jedenfalls steht das vorne drauf. Der Bus, das muss an dieser Stelle gesagt werden, ist in der Liga nicht mehr nur ein Ding, das Balltreter von Paderborn nach Hannover oder von Bremen nach Hamburg bringt, nein, er ist so wie der Profifußball: teuer (300.000 Euro), mit allem Schnickschnack ausgerüstet (Flachbildschirme, Mediathek und Küchenzeile), groß, bunt und angeberisch. Meist bekommt der Bus vor Saisonbeginn sogar eine eigene Präsentation mit Enthüllung, Tamtam und Trara. Die Bundesliga – nichts anderes als Gaukler on Tour. MARKUS VÖLKER
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