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Noch bis 1. April veranstaltet der Verein für aktuelle Musik in Hamburg das ‘blurred edges‘-Festival an verschiedenen Orten im Großraum Hamburg und mit besonderen Größen aus dem Umfeld der improvisierten und neuen Musik. Besonders interessant könnte vielleicht an diesem Wochenende ein Konzert des Nelly Boyd Kreises werden, denn die spielen in einem ungefähr zweistündigen Programm Werke von John Cage, Alvin Lucier, Morton Feldman, Karlheinz Stockhausen sowie eigene Stücke. Der Kreis ist benannt nach der ersten Frau von John Cages Urgroßvater, die nicht seine Urgroßmutter wurde und widmet sich in diesem Sinne der Interpretation eines ‚Was-wäre-wenn‘, diesmal mit Jan Dvorak und Turo Grolimund als Gästen. Der Kreis stellt die interpretierten und eigenen Kompositionen so in einen gemeinsamen Kontext von raumbezogenen Musikkonzepten, akustischen Experimenten und mikrotonaler Musik.

Ein weiteres Highlight im Rahmen des Festivals ist am Mittwoch das Konzert des Geräusche-Künstlers Frieder Butzmann mit dem Titel ‚Verschiedene Gesänge und frappante Töne‘. Butzmann als Berliner Experimentalmusik-Koryphäe bewegt sich schon seit Ende der 60er Jahre in einem Klang-Gebilde aus durchaus nervigem Krach und dadaistischen Sprachverdrehungen, süßer Elektronik und seltsamen Geräuschen, die ihn vor allem im Genre des Hörspiels zu einem der eigenwilligsten und interessantesten Produzenten werden ließen. Als einer der ‚Genialen Dilettanten‘, sorgte er mit den Kollegen von ‚Der tödlichen Doris‘ und den ‚Einstürzenden Neubauten‘ Anfang der 80er für so etwas wie die Gründung des diesländischen Minimal-Elektro- oder auch Industrial-Techno-Genres. Mittlerweile schraubt er immer noch an den Klängen, immer gewillt aus einer Distanz zur Musik dieser ihre Eigenständigkeit zurückzuführen, ohne sich weder auf Virtuosität noch Improvisation zu verlassen.

Der Rest findet diese Woche im Hafenklang statt. Am Freitag gibt es dort eine Soli-Veranstaltung gegen den G8-Gipfel mit Bernadette La Hengst in einer ihr nicht ganz unpassenden Rolle als Soli-Veranstaltungs-Frontfrau und einer Hamburger Band namens Iskra, was auf russisch Funke heißt. Außerdem gibt es Lieder mit Message von Knarf Rellöm als DJ King Fehler.

Am Samstag feiert das D.I.Y.-Elektro-Label Goldrand ebenfalls dort: sich selbst und das gehört sich auch so, schließlich haben sie gerade ihre erste Compilation veröffentlicht mit 15 Tracks von Projekten und Bands aus Hamburg, die eine recht einstimmige Beschreibung ihres Genres vornimmt. Monotone 80er-Elektronik (Brigitte Rücklicht) trifft über einen Abstecher in die Techno-Ecke (Billy Rubin) auf Queerperformances (Rocky Beach). Als besonderer Gast tritt das Chicagoer Duo The Eternals dazu, die, vielleicht ähnlich wie im Fall der Goldrand-Posse, im Punkrock und Dub aufgewachsen sind und sich davon die D.I.Y.-Mentalität und vielleicht eine unverfrorene Kompromisslosigkeit als Musikstruktur behalten haben. Diese Wiederaneignung von gängigen HipHop- und Eletronika-Beats führt zu durchaus melodiösen Songs, die subtil immer auf die Brüche zwischen den Stilen und Konzepten verweisen.

KERSTIN SCHROEDINGER Nelly Boyd Kreis: Fr, 23. 3., 20 Uhr, Forum Neue Musik in der Christianskirche Frieder Butzmann: Mi, 28. 3., 20 Uhr, Forum Neue Musik in der Christianskirche Move against G8: Fr, 23. 3., 21 Uhr, Hafenklang Goldrand Labelnacht: Sa, 24. 3., 21 Uhr, Hafenklang