Zufrieden und ohne eine nennenswerte Chance

FUSSBALL Die Gladbacher werten das dürftige und torlose Remis in Freiburg als historischen Erfolg

Tony Jantschke war nach dem 0:0 in Freiburg aber so was von zufrieden: „Ich glaube, das hier ist für alle Gladbacher ein Zusatzpunkt“, sagte der Borussen-Verteidiger. „Schließlich haben wir hier die letzten fünf Jahre immer verloren.“ So pragmatisch sah es offenbar auch sein Trainer, Lucien Favre: „Freiburg war besser als wir, das kann man klar sagen. Im April haben wir hier besser gespielt, aber dafür haben wir damals 4:2 verloren.“

Tatsächlich ist die Gladbacher Langzeit-Bilanz in Freiburg überraschend schlecht. Was insofern komisch ist, als der SC ja erklärtermaßen froh ist, wenn er auch weiterhin zweimal im Jahr gegen die Bayern spielen darf, wie sich Präsident Fritz Keller jüngst ausdrückte, während die Gladbacher im Vergleichszeitraum doch ein wenig ehrgeiziger unterwegs waren.

Es überraschte also, wie lapidar man im Gladbacher Lager ein Spiel kommentierte, das doch reichlich dürftig abgelaufen war: 56 Prozent Ballbesitz hatten die Freiburger, die doppelt so oft aufs Tor schossen wie ihre Gegner und sich alles an Fleiß- und Haltungsnote verdienten, was so ein Spielberichtsbogen hergibt.

Allerdings waren die gleichen Freiburger trotz der erfreulichen Kopfnoten nicht einmal in der Lage, einen Elfmeter im Netz unterzubringen. Admir Mehmedi schnappte sich nach einem Jantschke-Foul an Maximilan Philipp den Ball und jagte ihn sehr, sehr weit übers Tor. „Die Spieler entscheiden selbständig auf dem Platz, wer schießt“, erklärte SC-Trainer Christian Streich nach dem Spiel. „Mit dieser Selbständigkeit sind wir bisher gut gefahren.“ Dass es auch ihm lieber gewesen wäre, der zuverlässige Julian Schuster hätte geschossen, wollte er aber nicht in Abrede stellen. „Im Nachhinein kann man das so sagen.“

An diesem verregneten Sonntagnachmittag war Mehmedis Fehlschuss allerdings der einzige Aufreger für Gladbachs Keeper Yann Sommer, der künftig ja auch anstelle des zurückgetretenen Diego Benaglio das Tor der Schweizer „Nati“ hüten soll. Ersatzmann wird Freiburgs Keeper, Roman Bürki, der ebenso wie Sommer einen souveränen und sicheren Eindruck hinterließ, zuweilen neueresk weit vor dem eigenen Strafraum klärte, aber keinerlei spektakuläre Flugeinlage abliefern musste. Eine nennenswerte Gladbacher Chance sahen die 3.000 Borussen-Fans bis zum Abpfiff nicht.

Den durchwachsenen Auftritt seiner Elf schob Gladbachs Coach primär auf den Kräfteverschleiß unter der Woche – am Donnerstag wurde schließlich Sarajevo mit 7:0 abgewatscht. Wenn er noch einmal die Möglichkeit hätte, ließ er durchblicken, würde er auf mehr als zwei Positionen rotieren, um zusätzliche Kräfte zu mobilisieren: „Ich versuche, mich immer zu entwickeln.“

Das versuchen sie auch in Freiburg, wo man im Sommer mit Oliver Baumann und Matthias Ginter erneut zwei Leistungsträger abgeben musste und trotzdem schon wieder ganz ordentlich Fußball spielt. Die Kombinationen sind flüssig, das Tempo ist erstaunlich hoch, die Zahl der technischen Fehler überschaubar. Kurzum: Der SC spielt bereits jetzt den Fußball, der ihm in der vergangenen Saison erst in der Rückrunde gelang und der letztlich dann doch noch den Klassenerhalt brachte.

Allerdings wäre da wieder das altbekannte Problem der mangelnden Chancenverwertung. „Wir hätten in Frankfurt mindestens einen Punkt verdient gehabt und hätten heute gewinnen können“, bilanzierte Streich, und Offensivmann Felix Klaus warf die Frage auf, was „schöner Fußball bringt, wenn der letzte Pass nicht kommt?“ Eben. Was bleibt, ist die Hoffnung, dass der jüngst nachverpflichtete Dani Schahin, der sich gegen Gladbach eine Stunde lang redlich mühte, in den kommenden Wochen noch so richtig in Fahrt kommt. CHRISTOPH RUF